Es klingt unglaublich verrückt, extrem abenteuerlich, aber auch nach unbändigem Freiheitsdrang: Eckhard Barzantny lebt seit nunmehr über 20 Jahren unter freiem Himmel und fährt auf seinem Fahrrad durch die weite Welt. Ganz Europa, Nordafrika, Grönland, Island und selbst Hawaii hat „Ecki“ mittlerweile bereits entweder mit dem Fahrrad oder zu Fuß so erkundet. Lokalredakteur Jan Röttgers hat ihn im niedersächsischen Landkreis Vechta getroffen. 

Seit Anfang Mai vergangenen Jahres ist der 60 Jahre alte Bielefelder wieder auf seiner jüngsten Tour draußen unterwegs: 24 Stunden und sieben Tage in der Woche bei Wind und Wetter! Im Landkreis Vechta in Niedersachsen hat er jeweils eine Nacht in den Naturschutzgebieten Dümmer, Dammer Berge und im Naherholungsgebiet Alfsee im Landkreis Osnabrück verbracht. „Es bringt mir einfach Spaß, Freude und Energie, ein Teil der Natur zu sein“, erklärt der Naturfreund. „Draußen zu schlafen, Luft zu holen und mit den Geräuschen und Gerüchen der Natur aufzuwachen, beschert mir ein enormes Glücksgefühl“, bestätigt „Ecki“ als bekennender „Aussteiger“. Barzantny stammt gebürtig aus Melle und ist im nordrhein-westfälischen Bielefeld mit seinem Wohnsitz gemeldet. Sein selbst gewähltes Zuhause sind aber der Wald und die freie Natur. Eine eigene Familie hat er nicht. „Ich kann machen, was ich will!“, freut sich der Freigeist, der vor über 20 Jahren beschlossen hat, aus gesellschaftlichen Zwängen und normativen Verpflichtungen einfach auszusteigen. „Ich habe keine Termine und keinen Druck, weder beruflich noch privat!“, sagt der Frischluftfan und vermisst dabei weder eine heiße Dusche noch sein eigenes Bett.

Vom Tellerwäscher zum bekennenden „Nicht-Millionär“

Hobby-Ornithologe Eckhard Barzantny folgt dem Ruf der Wildnis. © Röttgers

Seinen ehemaligen Beruf als Fliesenleger und Handwerker hat er beizeiten an den Nagel gehängt und mit Freiheit in der Natur und Wildnis eingetauscht. Er  habe beruflich vieles im Leben ausprobiert. „Alles hat mir Spaß gemacht!“, blickt der Autodidakt zufrieden und ohne Wehmut auf sein frei gewähltes Leben zurück. Er bringt sich alles selber bei. „Mittlerweile habe ich gelernt, überall zu schlafen“, bestätigt Barzantny nach einer verbrachten Nacht bei Minusgraden im Schlafsack in der Schutzhütte am Dammer Bergsee. Angst vor der Dunkelheit und vor dem Alleinsein kennt der Nomade der Neuzeit nicht. „Der Uhu hat mir eine gute Nacht gewünscht!“, berichtet Barzantny mit leuchtenden Augen von der Begegnung am Dammer Bergsee. Besonders zahm und zutraulich seien auch stets Rotkehlchen und Blaumeisen. „Die suchen sogar die Nähe der Menschen!“ Barzantny umarmt auch schon mal „vor lauter Glück und Dankbarkeit“ einfach einen Baum. „Es ist möglich, mit wenig so große Freude zu erleben und weiterzugeben“, lautet die frohe Botschaft seiner selbst ernannten „Flower-Tour“, die ihn seit Mai vergangenen Jahres in die verschiedensten Naturschutzgebiete Deutschlands führt. „Leben bewusst leben“, ist sein erklärtes Lebensziel im Einklang mit der Natur.

Ein Rückblick

Vor 21 Jahren startete Barzantny seine erste Outdoor-Tour, die ihn ins Weserbergland führte. „Da war ich noch richtig unerfahren und wurde nachts vom Ruf eines Waldkauzes regelrecht aufgeschreckt“, erinnert sich der Einzelgänger, der die Naturgewalten und Ruhe der Natur gleichermaßen mag. Im Laufe der Jahre hat der Hobby-Ornithologe sein Leben unter freiem Himmel immer weiter perfektioniert. Wie das aussieht, zeigte kürzlich der Norddeutsche Rundfunk (NDR) in einem dreiminütigen Beitrag. Seit über 20 Jahren ist der Naturbursche klima- und umweltfreundlich mit seinem bestens ausgestatteten Fahrrad unterwegs, das er liebevoll „Muli“ getauft hat, sowie mit seinem Fahrradanhänger „Jaki“. 140 Kilogramm Reisegepäck bewegt er so Tag ein Tag aus allein durch seine Muskelkraft. Dafür gönnt er sich morgens nach seiner „Katzenwäsche“ ein ausgiebiges Frühstück mit viel, viel Energie für seinen Tag: Bis zu eineinhalb Kilogramm Müsli verputzt er, um genug Kraft für die Pedalen zu haben. Neben dem Nötigsten fürs Leben – „seinen sieben Sachen“ – und einem Outdoor-Handy für Notfälle sind auch eine Wildkamera und eine professionelle Fotoausrüstung ständig dabei. Von mal gerade 250 Metern bis zu sage und schreibe 175 Kilometer an nur einem einzigen Tag hat er mit seinem „Drahtesel" schon zurückgelegt.

Kein Obdachloser

Der Weltenbummler Eckhart Barzantny ist mit seinem
Fahrrad "Muli" bei Wind und Wetter unterwegs. © Röttgers

Unterwegs trifft der Naturschützer dabei immer wieder auf interessierte Mitmenschen. „Viele bleiben natürlich neugierig an meinem Fahrrad stehen“, weiß Barzantny die durchaus kritischen Blicke zu deuten: Er sei weder Vagabund, Landstreicher, Obdachloser, Streuner, Tippelbruder, noch Penner, gleichwohl ihn viele Zeitgenossen dafür halten. Doch nicht so am Dammer Bergsee: „Von angenehmen Gesprächen über Hilfe, einer wärmenden Tasse Kaffee, etwas Proviant bis hin zu einer Einladung für eine heiße Dusche daheim ist mir alles freundlich angeboten worden“, lobt „Ecki“ die ausgesprochen zuvorkommende Gastfreundschaft der Dammer. Doch sein Abendbrot hat er sich dann doch selber mit Hilfe seines Spiritus-Kochers zubereitet: Es gibt frisches Kartoffelpüree mit Erbsen und ein veganes Schnitzel sowie Brot in Knoblauchbutter und Stracciatella-Yoghurt als Nachtisch – „Alles in Bio-Qualität“, versichert er. Tiere landen nicht auf seinem Teller, dafür habe er viel zu viel Respekt vor der Natur und Tiere einfach nur lieb. Barzantny lebt im Einklang mit der Natur. Sein Waschmittel ist biologisch abbaubar und seine Schlafstätte ist am nächsten Morgen picobello aufgeräumt. Und ja: Irgendwann – „eines schönen Tages“ – will „Ecki“ wieder „sesshaft" werden und ein Buch veröffentlichen. „Momentan bin ich aber noch viel zu hungrig, bin topfit, fühle mich jung und großartig und will in die Natur und finde keine Ruhe in den eigenen vier Wänden. Aber irgendwann setze ich mich tatsächlich hin und schreibe meine Lebensgeschichte auf!“

Einen dreiminütigen Film über den herzlichen Weltenbummler Eckhard Barzantny gibt es unter www.ndr.de/fernsehen

 

Text und Fotos von Jan Röttgers