Ærø

Schon vor Jahren fiel mir auf einem Rückflug von Oslo ein kleines Eiland auf, das, umgeben von glasklarem smaragdgrünen Wasser, anmutete wie eine Südseeinsel. Die idyllische, in Sichtweite der deutschen Küste liegende Insel ist kaum 30 Kilometer lang und lockt mit perfekt ausgeschilderten Radwegen. Diese führen durch eine eine wellige Endmoränenlandschaft, vorbei an urigen Kleinstädten, schönen Stränden und weiten Ausblicken über die Ostsee.

Auch der malerische und unter Denkmalschutz stehende Hauptort Ærøskøbing bezaubert mit schmalen Straßen, die von urigen, mit Rosen bewachsenen Häuschen eingerahmt werden. Am Stadtstrand locken die farbenfrohen, putzigen Strandhäuschen der Einheimischen.

Langeland

Das markante, rote "Traeneker Slot"

Wer die lang gezogene Insel nur auf kürzestem Weg von Westen nach Osten durchquert, verpasst ein Fahrradfahrerparadies mit stillen, schmalen Straßen und Wegen. Nirgendwo ist es weit zum nächsten einsamen Sandstrand, immer locken herrliche Wälder, steinzeitliche Gräber und sogar Wildpferde.

Im Norden liegt das markante, rote "Traeneker Slot", dass seit Jahrhunderten von einer Familie bewohnt wird – mit Schlosspark, einer wunderschönen, fast 180 Jahre alten Mühle und einem medizinischen Garten, der die größte Sammlung von Heilpflanzen in Nordeuropa präsentiert. Am nördlichen Ende der Radstrecke erreiche ich das verschlafene Hafenstädtchen Lohals – die Herrenhausroute verläuft auf der Ost- und Westseite, so dass man keine Strecken doppelt radelt.

Straße auf Langeland

Fast am südlichsten Ende erreiche ich den über 250 Jahre alten Broløkke Herregard, einst ein "Wiedergutmachungsgeschenk" eines Grafen, weil dieser fremdgegangen war. Neben dem wunderschönen Haupthaus mit historischen Möbeln werden gerade noch Apartments und sogar eine Destillerie in den den ehemaligen Stallungen und Wirtschaftsgütern errichtet. Abends komme ich in den Genuss eines köstlichen 5-Gänge-Menüs, dass aus regionalen Zutaten, wie etwa gedünstetem Lachs auf Seetang oder dänischen Spargel besteht, und mit fünf verschiedenen Weinen gekrönt wird. Mein schwacher Einwand, dass ich nach 80 Kilometern Radfahren vielleicht nicht soviel Wein vertrage, wird mit stetem Nachfühlen geflissentlich – und lachend – ignoriert. Am Ende fühle ich mich ein wenig wie der gutgelaunte Hauptdarsteller eines weltberühmten Geburtstagssketches.

Fünens Süden

"Valdemars Slot" auf der Insel Tåsinge

Kurz bevor man über der letzte Brücke nach Fünen kommt, lockt auf der Insel Tåsinge noch ein Abstecher in das Dorf Troense, das durch seine Lage am Wasser und zahlreiche denkmalgeschützte, reetgedeckte Fachwerkhäuser verzaubert. Auch das nahegelegene "Valdemars Slot" ist einen Besuch wert.

Flach ist dieser Teil Dänemarks sicher nicht, besonders im Süden sorgen in den von den Eiszeiten gerundeten Landschaften viele kurze Anstiege für Abwechslung und lassen einige Höhenmeter zusammen kommen. Der Charakter der Herrenhäuser und Güter ist dabei recht unterschiedlich. Einige kann man nur aus der Entfernung betrachten, andere haben ihre herrlichen Schlossparks geöffnet oder offerieren Übernachtungsmöglichkeiten, Cafés oder Hofläden mit eigenen Produkten. Der Mai ist für mich die schönste Zeit, gelbe Meere aus Raps überziehen die Inseln, die Blütenpracht in den Gärten nimmt kein Ende und es ist kaum jemand unterwegs.

Der idyllische Norden

"Hvedholm Slot"

Im Westen führt die Route hinunter zum Meer und durch Mischwälder, am kleinen Belt entlang in die historische Stadt Middelfart (s. Titelbild). Wer Abwechslung sucht, kann hier Kajaks mieten, Walsafaris machen oder seine Schwindelfreiheit beim geführten Bridgewalking austesten. Geschmäcker sind verschieden: Aber der Abschnitt zwischen Middelfart und Bogense/Odense ist vielleicht die beste Möglichkeit für eine Sommertour auch mit Kindern. Die Route führt oft auf autofreien Wegen hinunter zu weiten Ostseestränden, an denen man sich an heißen Sommertagen herrlich erfrischen kann.

Immer wieder laden schön gelegene Raststationen nur für Radfahrer zur Pause ein und es gibt Reparaturstationen mit dem nötigsten Werkzeug: Radlerherz, was willst Du mehr! Auch das gemütliche Hafenstädtchen Bogense mit seinem urigen Hafen, den Fischerbooten und der kleinen Manneken Pis-Kopie lädt zu mehr als einer kurzen Pause ein. Am nächsten Tag radele ich teils auch am Odense-Fjord entlang in die größte Stadt Fünens, nach Odense. Die Heimatstadt des Dichters Hans Christian Andersen würdigt diesen mit einem neu eröffneten Museum, dass die Märchen erfahrbar werden lässt und sich auf über 5500 Quadratmetern ausbreitet. Ich bin begeistert von dem gut strukturierten Radwegenetz der Stadt, das viele Bewohner der Stadt ganz selbstverständlich aufs Rad umstiegen lässt.

Der Osten: Das Beste kommt zum Schluss - Schloss Broholm

Aussicht auf Svendborg

Nur 20 Kilometer entfernt liegt die gemütliche Kleinstadt Kerteminde, deren maritimes Forschungs- und Erlebniscenter auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Je näher man Nyborg kommt, desto besser kommen die riesigen Brücken in Sicht, die über den großen Belt führen. Östlich von Svendborg liegt das über 700 Jahre alte, märchenhafte Schloss "Broholm", dass von einem Wallgraben und See umgeben ist. Der Park lädt zu abendlichen Spaziergängen, und auch das Innere gibt einen authentischen Einblick in vergangene Jahrhunderte. Wer als krönenden Abschluss seiner Reise in einem der romantischen Zimmer nächtigt, bekommt vielleicht auch die weiße Frau zu sehen, die im alten Teil spukend nach dem Rechten schauen soll.

Meine Reise endet am nächsten Tag, es geht nach Svendborg und per Zug nach Deutschland. Große Vielfalt auf kleiner Fläche, so lautet wohl das Motto dieser drei Inseln. Es gibt noch viel mehr zu entdecken, ich hoffe, ich habe Sie neugierig gemacht, schwingen Sie sich aufs Rad!

Beste Infoquelle: www.visitfyn.de

Reisezeit/Unterkünfte: In der Hauptreisezeit von Mitte Juni - Mitte August Unterkünfte vorab buchen oder ein Zelt als alternative Bleibe haben.

Übernachtungshighlights: Königliche Gaumenfreuden in historisches Ambiente findet man auf dem "Brolokke Herrengard" im Süden der Insel Langeland: brolokkeherregard.dk

Ein visuelles I-Tüpfelchen ist eine Übernachtung auf Schloß Broholm: broholm.dk

Wenn es kein Schloss sein muss: Der Munkebo Kro bei Kerteminde und das fantastische am Meer gelegene Troense Bed and Breakfast by the Sea.

Camping: Für den schmaleren Geldbeutel gibt es gut ausgestattete Campingplätze mit Hütten und Glampingzelten und einfache "Shelterplätze", die Radfahrer kostenlos/gegen geringes Entgelt nutzen können.

Tipp vom Autor: Mein Lieblingscampingplatz liegt im Westen der Insel Ærø nur einen Steinwurf vom Meer entfernt, ist gut ausgestattet und vermietet auch urige Hütten. www.soeby-camping.dk

Anreise: Per Zug und Fähre anzureisen und/oder Teile der Strecke mit anderen Langstreckenradrouten zu kombinieren. Ab Flensburg per Rad 45 km, nach Fynhav der Fährstation nach Aerö. Odense, Middelfart und Nyborg, sind Haltestellen der Intercity, die zwischen Hamburg und Kophenhagen fahren. Die Fahrradmitnahme in dänischen ICs muss reserviert werden, siehe www.dsb.dk.

Text und Bilder von Reinhard Pantke 

Mehr Infos zum Autor & seiner Arbeit: www.reinhard-pantke.de 

 


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