(Themen-)Wandern am Zeulenrodaer Meer
Es ist früh am Morgen und die Luft noch angenehm frisch, als ich mich mit Corina Herrmann am Ufer der Talsperre Zeulenroda treffe. Corina kommt aus Zeulenroda und hat irgendwann ihre Liebe zu Kräutern entdeckt. Von jeher naturverbunden, entwickelte sie diese Leidenschaft mit der Ausbildung zur Kräuterpädagogin zu ihrer Berufung. Corina Herrmann geht ihren Weg und immer öfter gemeinsam mit Gästen, mit denen sie die heilende wie kulinarische Welt der Kräuter entdeckt. Heute darf ich ihr Gast sein auf der Suche nach verschiedenen Heilpflanzen, die rechts und links des Weges wachsen und oftmals doch „unsichtbar“ sind.
Kräuterkunde
Kaum sind wir unterwegs, stoppt Corina und zeigt auf den dicht begrünten Waldboden. „Das ist Gundermann“, sagt sie und erklärt mir, dass es sich bei dem Kraut um einen Lippenblütler wie Lavendel und Salbei handelt. Der Name Gundermann kommt mir zwar bekannt vor, ich bringe ihn aber nicht in Verbindung mit einem Kraut. „Mit Gundermann kann man sehr gut würzen. Man kann ihn in Quark, Frischkäse und Butter geben, aber man muss aufpassen, denn er ist sehr intensiv.“ Ich probiere ein Blatt und spüre, dass die Hälfte davon genug gewesen wäre. „Die Römer“, fährt Corina fort, „haben Gundermann mit auf ihre Kreuzzüge genommen. Sie fertigten Tinkturen an, mit denen sie eitrige Wunden behandelten. Daher kommt auch die Bezeichnung Soldatenpetersilie.“
Corinas Rezept für eine erfrischende Sommerlimonade:
Gierschblätter zu einem Strauß zusammenbinden, nach Geschmack Kräuter wie z. B. Rosmarin ergänzen und in etwas Apfelsaft mehrere Stunden ziehen lassen. Werden die Kräuter mit einem Nudelholz leicht gequetscht, können sich die ätherischen Öle schneller entfalten. Die Kräuter entfernen, Zitronenscheiben hinzufügen und mit Sprudelwasser auffüllen.
Tipp: Ein kleiner Spritzer Apfelessig lässt die Aromen noch besser zur Geltung kommen und macht die Limonade haltbarer.
Kurz darauf hält mir Corina Holunderblüten unter die Nase, deren aromatischer Duft Kindheitserinnerungen in mir wachruft. Für einen Augenblick sehe ich mich bei meiner Oma, der ich beim Verlesen der kleinen dunklen Beeren helfe. Der Geschmack ihres so beliebten Holundergelees kitzelt meinen Gaumen. „Die filigranen Blüten sollte man unbedingt an einem trockenen Tag in der Mittagssonne pflücken, dann sind sie am aromatischsten“, höre ich Corina sagen. „Wusstest du, dass sich die Blüten in einem Teig ausbacken lassen? Das schmeckt ganz wundervoll! Und bei einer beginnenden Erkältung ist ein Tee aus Holunderblättern die erste Wahl. Auf Pfefferminztee sollte man dann übrigens verzichten, da Pfefferminze kühlend auf den Körper wirkt. Bei Hitze allerdings lauwarm getrunken, wirkt sie ganz hervorragend.“
Kräuterwanderungen können nicht lang und schon gar nicht langweilig sein, immer wieder gibt es ein nächstes Kraut zu entdecken und Spannendes zu hören. Die Chancen auf ein positives Zeitgefühl und frische Kräuter für ein schmackhaftes Gericht stehen sehr gut. Vielleicht ist das sogar für einen Perspektivwechsel hilfreich: nicht, keine Zeit zu haben, sondern die Zeit anders zu nutzen. Bei Corina bedanke ich mich für ihre Zeit und folge noch ein Stück meiner Leidenschaft, dem Wandern.
Tourentipp: Talsperrenweg Zeulenroda
Ich fühle mich wohl auf dem Talsperrenweg Zeulenroda mit seinen naturbelassenen Pfaden und Wegen und dem steten Blick aufs Wasser. Mit der Route geht es rund um die Talsperre Zeulenroda und die angrenzende Weidatalsperre, zusammen ergibt das 45 Qualitätskilometer – zertifiziert vom Deutschen Wanderverband. Mal spaziere ich durch den Wald, dann wieder entlang des Waldrandes mit Wiesen und Feldern. Eben noch auf einem bequemen schmalen Wiesenweg unterwegs, steige ich nun einen überraschend kräftigen Anstieg hinauf. Ich bin umgeben von Kiefern, die ihre Wurzeln in den felsigen Grund geschlagen haben und ihren würzigen Duft verströmen. Tief atme ich die wohltuende Luft ein. Mit den Rufen eines Bussards im Ohr erreiche ich den Gipfel des Grobisch mit dem „Schönen Blick“, von dem ich den schönsten Blick über die Weidatalsperre genießen kann. Der Talsperrenweg Zeulenroda ist mein Tipp für entschleunigenden Wander- und Naturgenuss.
Länge: 41,4 km | Rundweg - Einstieg an unterschiedlichen Stellen möglich
www.vogtland-tourismus.de
Weitere Wanderungen
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Auf den Spuren der Buckelapotheker
Start/Ziel: Wanderstart Lichtenhain | 10 km | 3,5 Std.
www.tourenportal-thueringer-wald.de
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Naturpark-Weg "Bergwiesen- und Moorlehrpfade"
Start/Ziel: Naturpark-Tor, Friedrichshöhe | 2,1 km | 1 Std.
Manoah-Häuser
Das Wort „Manoah" kommt aus dem Hebräischen und bedeutet so viel wie „Ort der Ruhe“. Nicht nur beim Wandern hoffen viele Menschen „ihre“ Ruhe zu finden, auch Hotel, Gasthof, Pension usw. sollen ein Ort zum Durchatmen sein. Wandernde erwarten zumeist kein Resort, das als künstliche Erlebniswelt daher kommt.
Glücklicherweise ist man auf dem Talsperrenweg Zeulenroda davon auch sehr weit entfernt. Hier stehen die MANOAH-Häuser (www.manoah.haus) für ein ganz anderes Konzept, nicht nur in der Theorie, sondern ganz praktisch inmitten der Natur – und direkt am Wanderweg. Zwischen den 21 Häusern im Chaletstil erstreckt sich kein penibel getrimmter Rasen, vielmehr ragen dicht wachsende Gräser und Wildblumen in die Höhe. Das gefällt Manuel Metzner, Geschäftsführer der Naturhäuser-Anlage, der mir schmunzelnd erzählt: „Es ist schon passiert, dass mir ein Gast mit vorwurfsvollem Blick sagte, dass das Unkraut doch mal gemäht werden müsse. So ins Gespräch zu kommen ist gut, denn dann kann ich erklären, dass das natürlich bewusst so ist und warum wir das machen. Spätestens mit dem Hinweis auf unser eigenes Bienenvolk und dem selbst hergestellten Honig ist die Begeisterung groß.“ Fast beiläufig fügt er hinzu, dass sie ihr Nachhaltigkeitskonzept stetig entwickeln, wozu nun auch eigene Schafe gehören.
Am Ende dieses abwechslungsreichen Tages steht noch ein Saunabesuch in einer der privaten urigen Saunahütten an, bevor ich mich in mein Naturhaus mit Blick auf das in der Abendsonne glitzernde Zeulenrodaer Meer und die im Wind schaukelnden Blumen und Gräser zurückziehe. Mal sehen, ob oder wie das bei einer bestimmten Mondphase geerntete Holz auf mich wirken wird. Daraus nämlich bestehen alle der hiesigen Naturhäuser.
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Teil 2 – Momente Heilsamer Luft | Teil 3 – Momente der Einkehr
Dieser Beitrag ist im Special "Entschleunigung in Thüringen – Die Kraft der Natur" (2023) in Kooperation mit der Thüringer Tourismus GmbH und dem Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz erschienen.