Feengrotten Saalfeld und Hohewartestausee

Vom Brunnentempel der Erlebniswelt Feengrotten in Saalfeld sind es nur wenige Schritte, dann breiten sich die weitverzweigten Gänge und tiefen Stollen eines Jahrhunderte alten Bergwerks vor mir aus. „Glück auf!“ höre ich einen schwarz gekleideten Mann neben mir verheißungsvoll sagen, womit er die Pforte zu einem spärlich beleuchteten Gang öffnet.

Eingangsportal zu der Erlebniswelt Feengrotten © OutdoorWelten

Kurz darauf scheint er sich beim Schließen der Pforte für einen Augenblick in der Dunkelheit aufzulösen. Seinem freundlich strahlenden Gesicht kann der plötzliche Lichtverlust allerdings nichts anhaben; schnell gewöhnen sich meine Augen an die Dunkelheit. „Hier ist der Zugang in den Heilstollen“, sagt Franko Michel, der Mann in Schwarz, und zeigt auf eine Tür. „Wer mal eine Auszeit von der stressigen Welt da draußen braucht, sollte durch diese Tür gehen!“ Ruhigen Schrittes führt er die kleine Besuchergruppe immer tiefer hinein in den Berg und erzählt leidenschaftlich aus der Geschichte des Schieferbergbaus. Und wenn Grotten und Nischen unerwartet erstrahlen, wird der Besuch zu einer Reise in eine Welt voller Fantasie, Magie und Mystik. Dann schallt es „Ahhh“ und „Ohhh“ durch die Gänge und still genießt der erfahrene Grottenführer die Begeisterung seiner verblüfften Gäste.

Im Heilstollen Feengrotten

„Auszeit von der stressigen Welt da draußen“, hallt es in mir nach, als ich wieder „da draußen“ bin. Der Heilstollen! Also zurück in den Berg und durch die Tür, auf die Franko Michel zeigte. Der Stollen ist dezent illuminiert, die Luft wohltuend frisch und klar und es ist sehr ruhig. Das leise Schließen der Tür kündigt an: Hektik gibt’s hier nicht, Stress bleibt draußen – herzlich willkommen! So werde ich dann auch von Vera Scheiber begrüßt, die sich um das Wohlergehen der Gäste im Heilstollen kümmert. „Hier liegt die Temperatur das gesamte Jahr über bei 8 bis 10 °C, da wird es bei zwei Stunden für eine Inhalation schon etwas kühl“, erklärt sie mir auf dem Weg zu meiner Liege und reicht mir einen Schlafsack. Warm verpackt mache ich es mir auf der Liege bequem. „Hier im Stollen hat die Luft eine relative Feuchtigkeit von rund 98 %, dazu ist sie so gut wie frei von Staub, Pollen, Bakterien und Keimen. Darauf basieren die hier angebotenen Inhalationstherapien, die sich sehr positiv auf Menschen auswirken, die an Atemwegserkrankungen und geschwächtem Immunsystem leiden“, sagt Vera Scheiber und ergänzt: „Aber auch bei Erschöpfungszuständen und psychosomatischen Erkrankungen hilft der Aufenthalt im Heilstollen dem Körper, der hier zur Ruhe kommen kann.“

Mit dem Stichwort „Ruhe“ kehrt selbige ein und ich greife zum Becher mit warmem Tee. „Eine Frischzellenkur für Geist und Seele“, denke ich mir und bemerke, dass sich mein Kopf von der plötzlichen Ruhe noch mit Gedanken an dies und das abzulenken versucht. Ich strecke mich, bringe die Liege in eine waagerechte Position und schaue auf die dunklen Felswände. Immer wieder bleibt mein Blick am fahlen Lichtschein einer Lampe hängen, wo ich die dünne Linie, die hell und dunkel markiert, betrachte. Ich konzentriere mich auf meine Atmung und nehme meinen eigenen Herzschlag wahr. Erst langsam wird mir bewusst, dass es nicht nur ruhig ist – es ist still. Der Fluss an Gedanken wird langsamer und versiegt ebenso wie mein Gefühl für die Zeit. Unbewusst habe ich aufgehört den Lichtschein zu fixieren, meine Atmung zu kontrollieren, ich bin eins geworden mit der Stille um mich herum. Bis mich ein zunächst zartes, allmählich näher kommendes „Kling, Kling, Kling“ aus meinem Schlaf holt. Das Ankommen im Hier und Jetzt braucht etwas Zeit für die Orientierung, aber Vera Scheiber kennt das von ihren Gästen und lässt es mit Bedacht geschehen. Eilig hat es jetzt ohnehin niemand.

www.thueringer-schiefergebirge-obere-saale.de | www.feengrotten.de

Noch mehr Tipps zu Thüringes Unterwelt

  • Heilstollen St. Barbara, Schaubergwerk Morassina

Durchatmen in 62 Metern Tiefe: Im Heilstollen St. Barbara ist die Luft so rein, dass nahezu völlig allergen-, keim- und staubfreie Verhältnisse herrschen. Eingekuschelt in einen Schlafsack kommen Körper und Geist hier zur Ruhe. Die Heilstollen-Therapie verbindet körperliche Heilung mit mentaler Auszeit. Wer noch spannende Relikte aus früheren Zeiten kennenlernen möchte, kann das Schaubergwerk Morassina besuchen, in dem es zwischen 1683 und 1860 aktiven Bergbau gab. Das einzigartige Naturdenkmal beherbergt u. a. ein Bergbaumuseum, in dem ehemalige Bergbauwerkzeuge, Kunstwerke und Steinexponate bewundert werden können.

www.morassina.de

  • Kristallhöhle der Marienglashöhle

Die Kristallhöhle der Marienglashöhle gilt als eine der größten und schönsten in ganz Europa. Und das nicht ohne Grund: Gipskristalle von bis zu 90 cm Länge wachsen von den Wänden und spiegeln sich in dem wunderschönen Höhlensee. Ursprünglich wurden die Kristalle für Schmuck von christlichen Marienbildern benutzt. Heute finden ganz besondere Erlebnisse unter Tage statt: Konzerte im Licht von unzähligen Kerzen und Hochzeiten mit ganz besonderer Stimmung. Eine Auszeit für Körper und Geist gibt es auf einer Klangschalenreise. Die magischen Klänge reinigen die Gedanken und massieren die Körperzellen.

www.marienglashoehle-friedrichroda.de

  • Tropfsteinhöhle Kittelsthal/Ruhla

Eine Reise in die Vergangenheit unter der Erde: Vor 250 Millionen Jahren begann die Geschichte der Tropfsteinhöhle Kittelsthal/Ruhla. Als ehemalige tropische Insel mit Korallenriff wurde hier ab 1858 Barit abgebaut. Steigt man heute die 228 Stufen in 48 m Tiefe, findet man einzigartige Tropfsteingebilde wie die 3,5 m hohe Pyramide in der „Großen Grotte“. Bei einer Führung in die bizarre Unterwelt lassen sich Milliarden von Jahren Erdgeschichte nachvollziehen. Die Tropfsteinhöhle ist außerdem idealer Ausgangspunkt für Wanderungen wie die thematisch passende GeoRoute 9 oder den bekannten Rennsteig.

www.ruhla.de

Vom Stollen auf die Saale

Wandern und Paddeln kombinieren und Neues entdecken © OutdoorWelten

Die reine und feuchte Luft unter Tage ist ein echter Energieschub und Motivator und ich mache mich nach meinem Aufenthalt im Heilstollen auf den Weg nach Kaulsdorf, um von dort auf der Saale zurück nach Saalfeld zu paddeln. In meinem Rucksack steckt ein kleines aufblasbares Boot, ein sogenanntes Packraft, was die bestmögliche Lösung ist, um meine Leidenschaften Wandern und Paddeln miteinander zu verbinden. Ich folge den Markierungen des Internationalen Bergwanderweges der Freundschaft, der von der Wartburg bei Eisenach bis nach Budapest führt. Auf einigen Etappen war ich bereits unterwegs, nun lerne ich eine weitere kennen.

Unterhalb der Staumauer des Ausgleichbeckens zum Hohenwarte-Stausee ziehe ich das Packraft aus dem Rucksack und bringe mittels eines Sacks Luft in das Boot. Erstaunlich schnell ist das knallrote Gummiboot prall gefüllt und bildet einen heiteren Kontrast zum blauen Saalewasser und dem dichten Grün der ufersäumenden Bäume. Angesichts ihrer abwechslungsreichen Etappen ist die Saale bei Kanuten und Kajakfahrer:innen ein beliebter Fluss zum Wasserwandern und auch für Anfänger:innen ist sie ein ideales Ziel. Boot und Paddel im Schlepptau, gehe ich zunächst einige Schritte, da das Wasser in Ufernähe noch ziemlich seicht ist. Dann ist der Flusspegel ausreichend, langsam setze ich mich in mein kleines rotes Boot und verschaffe mir so einen Perspektivwechsel.

Thorsten Hoyer hat an diesem Tag
das Stück auf der Saale für sich allein © OutdoorWelten

Ein Packraft liegt nicht stabil im Wasser wie ein Kajak oder Kanu, es ist auch längst nicht so spurtreu, vielmehr bewegt es sich behäbig. Um sich einfach mal treiben zu lassen also genau das Richtige. Ich sinke noch etwas tiefer in das Boot, fläze mich förmlich hinein und lasse die wärmenden Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht tanzen. Am blauen Himmel über mir geben sich weiße Schäfchenwolken dem Müßiggang hin und ich nehme grüne Baumkronen wahr, in denen sich zahlreiche Vögel zum nachmittäglichen Konzert versammelt haben. Welch ein Genuss! Das ruhige Dahin-Dümpeln lässt mich tagträumen und ich muss aufpassen, wenigstens hin und wieder den Kurs zu überprüfen.

Ist es nicht etwas Kostbares, sich einfach mal treiben zu lassen? Heute bis Saalfeld – ein nächstes Mal vielleicht ins rund 60 Kilometer entfernte Jena? Dort ließe sich das Packraft wieder in den Rucksack verstauen und eine Wanderung auf „Deutschlands Schönstem Wanderweg“ des Jahres 2023, der SaaleHorizontale, machen.

www.thueringen.info/wasserwandern


Mehr entdecken

Teil 1 – Momente der Entspannung  | Teil 3 – Momente der Einkehr


Dieser Beitrag ist im Special "Entschleunigung in Thüringen – Die Kraft der Natur" (2023) in Kooperation mit der Thüringer Tourismus GmbH und dem Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz erschienen.