ERLEBEN, ENTDECKEN, VERSTEHEN.
September 21, 2017
Ulrich Grober ist ein Meister der kleinen aber effzienten Denk schritte. Dabei verankert er seine mutmachenden Anstöße für eine „bessere“ Welt nicht einfach durch eloquentes „Dem Volk aufs Maulschauen ...“ und der Simplifizierung des Zusammenlebens durch grobschlächtige Weisheiten, sondern er geht den treibenden Gedanken unserer Tage sowohl begrifflich als auch kontextuell sprichwörtlich auf den
Grund. Am Beispiel der weltumspannen den Gier, die Grober als eine Triebfeder individuellen wie kollektiven Ungemachs identifiziert, entführt der Autor den Leser in die Holländertannen-Welt des Nordschwarzwaldes zum Handlungsort von Wilhelm Hauffs Märchen „Das kalte Herz“. Es klingt ebenso einleuchtend wie inspirierend, wenn der Autor die Schlussfolgerung trifft,„ohne Mitleid und Empathie – keine Freude“. Nicht minder beeindruckend liest sich das Kapitel „Wandern in der Autostadt“. Mit einem guten Freund macht sich Grober fußläuffig auf in die Gläserne Stadt der Volkswagenmetropole Wolfsburg. Er sucht eben hier, wo Beschleunigung und technologischer Fort-
schritt in Automobilgestalt die Zukunft des ganz und gar mobilen Menschen charakterisieren sollen, die Werte der Entschleunigung. Statt an ps-strotzende, chromblitzende Boliden erinnert er an den Käfer anno 1969 auf dem Plattencover der Beatles „Abbey Road“, er parkte ganz zufällig in der Nähe des aufgenommenen Zebrastreifens. Oder an den schneebedeckten blauen Bully auf dem Cover von Bob Dylans zweitem Album (The Freewheeling Bob Dylan) von 1963. Ist es nicht viel cooler, so der Autor, kein Auto zu besitzen? Großartig ist das Kapitel über die Energiequelle Gelassenheit (siehe Interview S. 28-32), in dem der Autor mit stark recherchierten und analysierten Rückgri ffen auf die Achsenzeit des ersten vorchristlichen Jahrtausends und den bereits damals entwickelten Weisheiten von Konfuzius, Buddha bis Aristoteles vom Wert des „Lassens“ und des Innehaltens reflektiert. Kapitel für Kapitel, vom Wert der Kreisläufe, vom Wert der Gemeingüter oder dem Wert der Selbstbeschränkung, gibt Grober eine Vorahnung von dem, was er den Atem der Zukunft, den Pfad zu einer besseren Welt nennt. Man sollte sich die Ruhe gönnen, dieses Buch, vielleicht in den bevorstehenden „ruhigen“ Tagen zwischen den Jahren oder im nächsten Winterurlaub, in aller Gelassenheit zu lesen und auf sich wirken zu lassen. Es ist starker Stoff !
Ulrich Grober
Der leise Atem der Zukunft – Vom Aufstieg nachhaltiger Werte in Zeiten der Krise
oekomm Verlag
München 2016
316 Seiten (Hardcover)
ISBN 978-3-86581-807-2
19,95 Euro