Text & Bilder von Manfred Probst (www.manfredprobst.de)

Periyar Wildlife Sanctuary

Elefantenkuh mit Kalb

Bekannt und beliebt ist das 777 Quadratkilometer große Naturschutzgebiet wegen seiner reichen Population an wilden Elefanten (900 bis 1.000 Individuen) und der rund 40 Tiger, die hier durch den Regenwald streifen – wie auch Leoparden, Bartaffen und Sambarhirsche, um nur die berühmtesten der über 60 Säugetierarten zu nennen.

Das Zentrum des Areals bildet ein labyrinthischer See, den die Briten Ende des 19. Jahrhunderts aufstauten. Zu erkunden ist das Naturreservat nur in Begleitung von offiziellen Guides des Forest Departments. Unter Einbindung der lokalen Stämme bieten die Behörden sogenannte Öko-Tourismus-Programme an. Das Angebot reicht vom Spaziergang für einige Stunden über mehrtägige Trekking-Touren bis zu Fahrten auf Bambusflößen. Weniger naturverbunden ist das Angebot an Jeep-Safaris und Ausflügen auf motorisierten Ausflugsbooten.

Auf ins Abenteuer

Wir buchten im Ecotourism Centre in der Stadt Kumily eine Tagestour, zu Fuß und auf dem Bambusfloß. In einem kleinen Bus tuckerten wir 20 Minuten in den Nationalpark zur Bootsanlegestelle Thekkady. Dort sammelte sich unsere internationale Truppe – zehn Frauen und Männer aus Israel, Südafrika, Italien, USA, Deutschland und Indien. Geführt wurden wir von vier einheimischen Guides und einer bewaffneten Rangerin. Nach einer kurzen Begrüßung mit Einführung und der Verteilung der Breakfast and Lunch Boxen sowie einem Liter Wasser konnte der Aufbruch ins Abenteuer beginnen.

Nur in Begleitung von Guides kann das Naturreservat besucht werden

Zunächst setzten wir mit einem kleinen Bambusfloß über einen schmalen Seitenarm des Periyar-Sees. Nach fünfminütiger Fahrt, geführt an einem Tau, marschierten wir im Gänsemarsch einen schmalen Pfad die Uferböschung empor, in dichten Regenwald, mit uns fremden, bis zu 50 Meter hoch wachsende tropischen Waldgiganten, dazwischen Lianen-Wirrwarr, Orchideen, Moose und Farne. An einigen markanten Pflanzen entlang unseres Weges, erklärte der englisch sprechende Guide das Zusammenwirken von Flora und Fauna. Mit geübtem Auge und ausgestrecktem Arm zeigte er uns ein prächtiges Königsriesenhörnchen weit oben im Blattwerk. An einem Baum wies er uns auf tiefe Kratzspuren hin. Hier schärfte ein Tiger seine Krallen. Leise und schön hintereinander marschierten wir weiter. An einer Lichtung war es dann so weit. Gedämpft, trotzdem aufgeregt rief unser Führer: „Elephant, Elephant!“ Und tatsächlich trotteten, gut getarnt im Gestrüpp auf der anderen Seite eines kleinen Baches, eine Elefantenkuh mit ihrem Kalb gemächlich von dannen.

Neue Perspektive vom Bambusfloß aus

Die Perspektive vom Wasser aus eröffent neue Eindrücke auf das Ufer

Nach insgesamt gut vier Kilometern Wanderung erreichten wir unsere zwei am Seeufer vertäuten Flöße. Mit Schwimmwesten für den Notfall ausgestattet stachen wir in See. Mit ganz neuer Perspektive auf die Landschaft glitten wir, angetrieben von wenigen Paddelschlägen unserer Guides, staunend über das glatte Wasser. Zur Trockenzeit säumt ein breiter, brauner Uferstreifen den Periyar-See. Jede Menge Vögel sind zu beobachten und in einigen hundert Metern Entfernung tauchte sogar wieder ein Elefantenbaby mit Mutter auf, um ihren Durst zu stillen. Nach einer guten Stunde legten wir an: Lunchtime. Zuvor noch eine kurze Runde durch die steppenartig anmutende Uferlandschaft, bei der wir ein paar Wildschweine im hohen Gras aufschreckten. Hungrig machten wir uns dann über die Currys mit Reis aus unseren Thermo-Lunchboxes her.

Auf dem Rückweg kam leichter Gegenwind auf, so dass auch wir zu den Paddeln greifen mussten. Froh dann wieder festen Boden unter den Füßen zu haben, machten wir uns auf den Rückweg. Zuerst nahe am Wasser, mit einer weiteren Elefantensichtung, dann stießen wir wieder auf den Herweg. Schweigend, fast schon ehrfürchtig, schlängelte sich unser Wanderwurm durch den Wald. Zu diesem erdenden Gefühl trug, neben der vielen exotischen Sinneseindrücke, wohl auch die angenehm spürbare physische Ermüdung unter der tropischen Sonne bei.

Info: www.periyartigerreserve.org | www.keralatourism.org

Ein Riesenhörnchen auf Klettertour

Anreise: Kumily ist mit öffentlichen Bussen gut von Cochin, Kottayam und Madurai erreichbar.

Tipp des Autors: GPS-Tracker, wie z. B. von Garmin, sind an indischen Flughäfen beim Abflug im Handgepäck nicht erlaubt. Das Gerät muss ohne Batterien ins Aufgabegepäck. Dies am besten mit der Fluggesellschaft abstimmen, damit es keine Probleme gibt.

Literaturhinweise: 
Indien – Der Süden, Stefan Loose Travel Handbücher, ISBN 978-3-7701-7899-5 (24,95€), mit vielen Adressen ein wertvoller Reisebegleiter. 

Indien – Kulturschock, von Rainer Krack, Reise-Know-How Verlag, ISBN 978-3-8317-3338-5 (14,90€), für alle Indien-Einsteiger gehört das Buch zur Pflichtlektüre. Die seit 1987 mittlerweile 15. Auflage hilft mit Infos zu Familie und Gesellschaft, Religion und Weltsicht sowie Tipps für den Reisealltag und zum Verhalten, um den Kulturschock etwas abzufedern. 

 

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