Nicht nur für junge Leser:innen ein Werk zum Stöbern
Der Atlas reduziert die Komplexität der Roten Liste der Gefährdeten Arten auf verständliche und bildlich sehr ansprechende Weise. Dabei finden auch Erwachsene einen guten Zugang. Im Prolog appelliert die Autorin und Illustratorin Laura Fraille an die Leserschaft: "Es liegt in unserer Verantwortung, für den Planeten, den wir bewohnen, Sorge zu tragen und die Lebewesen, mit denen wir die Erde teilen, zu respektieren." Ich finde, solche Sätze kann man nicht oft genug wiederholen, um sich immer wieder ins Bewusstsein zu rufen, was für eine fantastische und bemerkenswerte Welt wir unser Zuhause nennen dürfen. Dabei hatte ich beim Durchlesen des Atlas, nicht das Gefühl aufdringlich belehrt zu werden. Vielmehr ziehen die Farben, Muster, Zahlen und gemalten Szenen die Leserschaft in den Bann, lassen die Augen über die Seiten huschen und immer wieder verharren.
Es geht auf eine Reise in die verschiedensten Ökosysteme: Korallenriffe, Tundra, Savanne und Regenwald. Aber auch fokussierte Doppelseiten zu Insekten, Meeresschildkröten oder Sonderfällen, wie der Große Panda sind zu entdecken. An Hand dieser Beispiele werden Details verständlicher. Besonders eindringlich sind die Seiten zu den bereits als ausgestorben definierten Tierarten, wie Lonesome Goerge – die letzte Pinta-Riesenschildkröte, die etwa 100 Jahre alt wurde.
Eine Herkulesaufgabe
Das Buch vermittel auch, dass die Arbeit und Kategorisierungen der Roten Liste nur ein kleiner Ausschnitt aus der Masse an Tierarten ist. Geschätzt sollen bis zu 8,7 Millionen Arten auf der Erde leben. Davon sind ca. zwei Millionen vom Menschen entdeckt. Von diesen zwei Millionen sind von der Internationalen Union zur Erhaltung der Natur (IUCN) bisher nur 147.517 Arten bewertet (Stand 2022). Was für eine Herkulesaufgabe! Doch bereits dieser kleine Ausschnitt hilft zu erkennen, welche Tierarten und die dahinterstehenden Lebensräume bedroht sind.
Alles verloren?
Zugegeben, der Atlas ist kein Buch mit Happy End. Vielmehr fordert er dazu auf nachzudenken, Fragen zu stellen und die Abhängigkeiten zwischen Natur, Umwelt, Mensch und Tier zu betrachten und zu verstehen. "Die Natur braucht uns nicht, aber wir brauchen eine gesunde Natur zum Leben." heißt es im Buch. Ein Satz – ein Gedanke – den man nicht oft genung hervorheben kann und der Mut machen sollte, mehr für die Tier- und Naturwelt zu tun. Schließlich sitzen alle Lebewesen, der Mensch inbegriffen, am Ende des Tages im selben Boot.
Fazit:
Ein sehr schön gestaltes Buch, voller liebervoller Zeichnungen und sehr vielen Informationen rund um das Thema Artenschutz und Lebensräume. Viele Themen werden angerissen und in Teilen auch vertieft. Dabei wird die Leserschaft nicht mit Fachvokabular und abstrakten Inhalten überfordert. Der Atlas eignet sich daher wunderbar als Einstiegsbuch in die komplexen Themen zu Umwelt, Klima, Arten- und Naturschutz.
Text von Ricarda Große
Atlas der bedrohten Tiere – Die Rote Liste der Weltnaturschutzunion
von Laura Fraile
erschienen im Midas Verlag, 1. Auflage 2023
übersetzt aus dem Spanischen, Originaltitel: "Conoce, ama y protege" (Mosquito Books, Barcelona)
Preis: 20,00 €
ISBN: 978-3-03876-273-7
Weiterführende Infos zum Thema
Weltnaturschutzunion (International Union for Conservation of Nature): www.iucn.org
Rote Liste Deutschland: www.rote-liste-zentrum.de
Artenschutz: www.bmuv.de