Im ersten Teil haben wir gelernt, wie wir draußen in der Natur Feuer machen und uns Nahrung bereiten können. Für Wärme und einen vollen Bauch wäre also gesorgt. Doch was ist der Mensch ohne Trinkwasser und wie findet man eigentlich den richtigen Lagerplatz? 

LEKTION 3: SORGE FÜR TRINKWASSER 

Wasser gibt es reichlich. Doch um es trinken zu können, sollte es erst gefiltert und abgekocht werden. © pixabay

Wasser gibt es in unseren Gefilden reichlich, ob in Seen, Pfützen, Bächen, Flüssen oder in Form von aufgefangenem Regenwasser. Leider hat es in den wenigsten Fällen Trinkwasserqualität. Im Winter lässt sich mit Hilfe der Kochgefäße sowie eines Feuers bzw. Kochers der (hoffentlich) reichlich vorhandene Schnee schmelzen und das Wasser hinterher abkochen – das ist die wohl leichteste Disziplin. Im Sommer hingegen kommen Wasserfilter zum Einsatz. Auch hier hat der Bushcrafter die Wahl zwischen eigens angefertigten Filtern, die nicht immer ganz so gut funktionieren wie die industriell hergestellten Modelle, dafür jedoch den Geldbeutel schonen. Darüber hinaus entsprechen sie aufgrund der Verwendung natürlicher Ressourcen eher dem Bushcraftgedanken, als ihre Gegenstücke aus dem Outdoorshop. Man kann sich auch selbst einen provisorischen Wasserfilter bauen: Für den Filter „Marke Eigenbau“ benötigen wir lediglich eine leere Plastikflasche, ein wenig Stoff, ein bisschen Sand, kleine Kieselsteine, Holzkohle aus dem Lagerfeuer, eine Schnur sowie ein Messer (Anleitungen im Netz). Fertig ist ein selbstgebauter Wasserfilter, der jedoch nur Keime und keine Viren, Bakterien oder Pestizide herausfiltern kann. Hierfür bedarf es beispielsweise eines UV-Filters, der in den meisten modernen Outdoor-Wasserfiltern eingebaut ist. Wer also auf Nummer Sicher gehen will, ist mit einem industriell gefertigten Wasserfilter besser bedient und damit fähig, mehrere Tage autark im Freien zu überstehen. Übrigens: Zur Sicherheit sollte man das gefilterte Wasser immer noch einmal abkochen. Und wer sowieso nur einen oder zwei Tage im Freien verbringen will bzw. sich an das Bushcraften zunächst einmal herantasten möchte, bringt sich das Wasser einfach von zu Hause mit. Dazu eignet sich entweder eine robuste und leichtgewichtige Trink- bzw. Feldflasche oder, gerade für den Anfang, auch eine handelsübliche Plastikflasche.

Tipp: Auf Youtube finden sich jede Menge Videoanleitungen unter dem Suchbegriff „Wasserfilter selbst bauen“. 

LEKTION 4: BAUE EINEN UNTERSCHLUPF

Provisorischer Unterschlupf aus Ästen © pixabay

Ebenso essentiell für das Leben draußen ist der Schutz vor Regen und Kälte, vor allem während der Nacht. Ein Unterschlupf muss her und zwar an einer geeigneten Stelle. Ideal ist ebenes, trockenes und windgeschütztes Terrain außerhalb von steinschlag- oder flutgefährdeten Gebieten. Bei der Frage nach dem perfekten Heim auf Zeit hingegen scheiden sich die Geister. Möglich ist vieles, je nach Gusto. Die einen, die es etwas enger mit den „Regeln“ der Bushcrafter nehmen, bauen sich ihren Unterschlupf aus ausschließlich natürlichen Materialien. Aus einigen Ästen, Laub, Moos und Tannenzweigen entsteht mit etwas Übung ein weiches Waldbett, das relativ boofengut vor Regen schützt. Wer etwas mehr Komfort bzw. Schutz gegen Nässe haben möchte, nimmt sich eine wasserdichte Unterlage, eine sog. Elefantenhaut mit. Und so lässt sich der Komfort immer weiter erhöhen. Die einen schwören auf eine Iso- oder Hängematte, die anderen machen es sich unter einem Tarp auf dem weichen Waldboden gemütlich. Die Hauptsache ist, man schläft an der frischen Luft und im Idealfall unter freiem Himmel. Was gibt’s denn Schöneres als den Sternenhimmel zu bewundern und dann ganz gemütlich mit dem Knistern des Feuers im Ohr ins Land der Träume überzugehen? Im Einklang mit der Natur, fernab vom Stress, gelöst von unnötigem Ballast und mit minimalen Mitteln unterwegs. Wer Glück hat oder sich gut auskennt, findet auch in Höhlen bzw. unter Felsvorsprüngen ein gemütliches Lager auf Zeit. Zusammen mit der Feuerstelle entsteht dann schon so etwas wie ein kleines Lager, in dem es sich gut aushalten lässt. In Sachsen hat diese Art des Outdoorlebens eine uralte Tradition. Die sogenannten „Boofen“ sind angestammte natürliche Übernachtungsplätze im Elbsandsteingebirge und haben schon Generationen von Kletterern und Wanderern Schutz gewährt. Ihre Lage im Nationalpark Sächsische Schweiz sowie in Landschaftsschutzgebieten ist allerdings mit strengen Auflagen verbunden (Lektion 6).

Tipps: Vor allem für Einsteiger eignen sich sog. Trekkingplätze samt Feuerstelle für erste Bushcraftabenteuer. Solche völlig legalen Trekkingplätze im Wald gibt es mittlerweile in der Nordeifel, im Schwarzwald, im Spessart, im Frankenwald, im Steigerwald, in der Pfalz, im Nationalpark Hunsrück- Hochwald sowie entlang des Soonwaldsteigs. Eine vorherige Buchung bzw. Reservierung ist dabei notwendig.
Weitere Infos findet ihr hier: outdoor-welten.de

Ein aktuelles Verzeichnis der mit den Behörden abgestimmten „Boofen“ findet sich unter: saechsische-schweiz.de

LEKTION 5: WERDE EIN PROFI

Die Orientierung mit Kompass im Gelände gehört zu den Disziplinen eines fortgeschrittenen Bushcrafters © pixabay

Die oben vorgestellten Betätigungsfelder eines Bushcrafters sind natürlich nur die unterste Ebene der Pyramide. Erfahrene Bushcrafter sind echte Profis im Draußensein, so wie beispielsweise der berühmte Bear Grylls. Dazu gehören die Orientierung im Gelände mit Kompass und Karte, das Herstellen von eigenen Werkzeugen, Gefäßen und anderem Zubehör, die Herstellung von Erste-Hilfe-Material, Kräuter- und Pflanzenkunde, Spurenlesen, Angeln, Basteln, Schnitzen, umfassende Wetterkunde, Wissen zu Ausrüstung und vieles, vieles mehr. In extremen Fällen gehören sogar Selbstverteidigung und Waffenumgang bzw. -recht dazu, wobei das schon in den Bereich von Survival übergeht. Die Skills eines Bushcrafters sind vielfältig und komplex, doch mit viel Übung, jeder Menge Improvisationstalent und etwas Geschick kann jeder ein Profi werden.

LEKTION 6: VERHALTE DICH ANSTÄNDIG

Bushcrafter kennen sich auch in Kräuter- und Pflanzenkunde gut aus © pixabay

Essentiell beim Bushcraften ist der schonende Umgang mit der Natur. Niemals sollten beispielsweise gesunde Bäume beschädigt oder die Pflanzenwelt zerstört werden. Bushcraften bedeutet eben auch, den Respekt vor der Natur zu praktizieren. Das Lager muss also stets so verlassen werden, wie man es vorgefunden hat. Unser Müll gehört nicht in die Natur. Auch aus Rücksicht auf die Tierwelt sollte man sich stets leise verhalten, entsprechenden Abstand zu den Waldbewohnern einhalten und Ruhe-, Brut- sowie Nistgebiete weitläufig umgehen. Wer diese Grundregeln eines respektvollen Miteinanders von Mensch und Natur einhält, der ist auf dem richtigen Weg ein echter Bushcrafter zu werden und damit dem versteckten Höhlenmensch in uns gerecht zu werden.

 

Tipps zum Weiterlesen:

Bushcraft. Das Buch vom Waldhandwerk (ISBN 978-3613508439)

Bushcraft Waldküche Nr. 1: Leckere Rezepte für Feinschmecker (ISBN 979-8608757242)

Outdoor-Handbuch (ISBN 978-3831731480)

Survival-Guide: Dieses Buch könnte Ihr Leben retten (ISBN 978-3831016266)

 

 

Jarle Sänger
 erschienen in der OutdoorWelten Ausgabe Winter 2020/2021

 

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