Von Merlin Kiesel

Spielendes Training – Trainierendes Spiel

Die „Kugel“ von ca. 11 cm Durchmesser ist in erster Linie ein Spiel. Dabei trainiert der Boulderball die Finger, Routenlesefähigkeit und Kreativität von Kletterfans. Entwickelt von einem Südtiroler Designstudio mit Affinität zum Sport gewann das Spiel 2022 unter anderem den European Product Design Award.

Einfache Regeln – Komplexes Spiel

Das Prinzip ist auf den ersten Blick simpel: Die knapp 230 g schwere Kugel muss mit maximal drei Fingern in der Luft gehalten werden. Dazu werden zwei der 32 bunten Plastikgriffe mit jeweils einem Finger gegriffen. Dann darf man einen dritten Finger dazu nehmen. Als nächstes löst man Finger, der am längsten am Ball ist, um den nächsten Griff zu greifen. In welcher Reihenfolge die Griffe benutzt werden, geben dabei kleine Kärtchen vor, die in einem nummerierten Diagramm Routen unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade darstellen. Wer die Finger sicher vom Start zum Ziel bekommt, ohne „abzustürzen“, darf sich mit einem Fistbump belohnen. Welche Finger man für welchen Griff benutzt, ist dabei egal. Es gilt nur: Ist der Finger einmal dran, darf man nicht mehr umgreifen.

Keine Langeweile für die Finger

Während bei den einfacheren Routen die Beta (Bouldersprech für Lösungsansatz) recht klar ist, muss auf den schwierigeren Karten manchmal geknobelt werden. Wie kann ich mit diesen beiden Fingern Spannung aufbauen? Bin ich mir beim nächsten Griff eventuell selbst im Weg? Sind die ersten fünf Schwierigkeitsgrade gemeistert, gilt es, neue Technicken wie Rissklettern und Dynos zu erkunden. Außerdem sind im Lieferumfang neben zwölf Routenkarten Vorschläge zum „freien Spiel“ enthalten. Weitere Routenkarten gibt es im Onlineshop von Boulderball und ich bin mir fast sicher, dass die Bouldercommunity Fanrouten beisteuern wird, sobald sich der Ball weiter etabliert.

Schwitzige Finger vorprogrammiert

Fingerfertigkeit ist gefragt © Ricarda Große

Vieles spricht für den Boulderball. Seitdem er Einzug in die Redaktion gehalten hat, fällt es mir schwer, meine Finger zum Tippen zu benutzen. Zu spannend ist das Knobeln über die Routen. Wie kann ich die knapp 230 g zwischen meine Ringfinger spannen? Gibt es eine einfachere Beta oder originelle Lösungen? Wie weit kann ich den Daumen vom Zeigefinger wegstrecken, um den nächsten Griff zu erreichen? Außerdem merke ich als Hobbyboulderer, der zugegebenermaßen nicht sehr gut im Training ist, dass der Ball auch wirklich meine Finger trainiert. Das mitgelieferte Chalk hilft durchaus gegen Abrutschen, wenn die Kuppen etwas schwitzig sind.

Free Solo oder Gruppenknobeln

Auch wenn immer nur eine Person den Boulderball benutzt, lässt es sich – ähnlich wie an der Boulderwand – wunderbar zu mehreren spielen. Man kann sich über Fingerpositionen austauschen oder auf Zeit und um die Wette „klettern“. Dabei ist der Ball gut verarbeitet und zerspringt bei kleineren Stürzen nicht gleich in alle Einzelteile. Trotzdem empfiehlt es sich, über weichem Untergrund zu spielen.

Falsche Erwartungen vermeiden

Mit Fingerkraft zum nächsten Griff © Ricarda Große

Der Bouderball macht tierisch Spaß und doch habe ich ein paar kleinere Kritikpunkte bzw. Nutzungshinweise gesammelt. Zu Recht wird der Boulderball als Spiel beworben und nicht als Trainingsgerät. Auch wenn ich keinen Langzeitvergleich habe, sollte man sich vor Augen führen, dass die Kugel keine Sessions am Hangboard ersetzen wird (will sie aber ja auch nicht). Auch weil es ein Spielzeug ist, sollte man den Boulderball mit einer gewissen Vorsicht behandeln. Wenn der Ball zu hoch fällt, können einzelne Steine locker werden. In unserem Test ist kein Stein herausgefallen, aber man kann sich vorstellen, dass man – ähnlich wie an der Wand – ungern zu viel Druck auf einen lockeren Griff ausüben möchte. Die Steine lockern sich zwar nur bei sehr grobem Umgang, aber vielleicht sollte man den Ball trotzdem lieber in einem kleinen Beutel verpacken, wenn man ihn in seine Tasche wirft. Wenn ein Stein verloren geht, ist er immerhin unbenutzbar.

In Zukunft mehr Routenkarten?

Die Karten geben die Route vor © Ricarda Große

Ein kleiner Stolperstein für mich war das erste Diagramm für die Route Kilimanjaro. Nach dem schon spaßigen Aufbau war ich von dem Layout der Routenkarte etwas überfordert und habe ein wenig gebraucht, um die einzelnen Griffformen wiederzuerkennen. Auch kamen mir die Betas bis in den fünften Schwierigkeitsgrad (darüber hinaus bin ich noch nicht gekommen) häufig relativ ähnlich vor. Bisher habe ich mit der Kugel hauptsächlich Zeigefinger und Daumen trainiert. Da aber die Möglichkeit neuer und abwechslungsreicher Routen besteht, sehe ich dort viel Potential für die Zukunft. Routen, die Ring- oder sogar den kleinen Finger integrieren, wären also wünschenswert.

Fazit

Alles in allem bin ich als Boulderfan begeistert vom Boulderball und empfehle ihn allen, die gerne in der Freizeit an die Wand gehen. Ich kann kaum erwarten meine Finger von dieser Tastatur zu nehmen, um endlich die nächste Route zu knacken.

Hier geht es zu unserer Einführung zum Thema Bouldern

 

Boulderball

Spieler:innen: 1
Alter: 9-99
Spieldauer: 5 min.
Preis: 39,99 €
www.boulderball.it

Instagram: www.instagram.com/bouldering_the_boulderball/

 

 

 

*Hinweis der Redaktion: Das hier getestete bzw. vorgestellte Produkt wurden uns vom jeweiligen Hersteller kostenlos zur Verfügung gestellt. Über den Produktwert hinaus flossen keine weiteren Zahlungen oder Gegenleistungen.