Im neuen Dokumentarfilm "The Last Expedition" geht die preisgekrönte Regisseurin Eliza Kubarska dem bewegten Leben der Bergsteigerin Wanda Rutkiewicz nach, die als erste Frau die höchsten Gipfel der Welt bestiegen hat und 1992 auf rätselhafte Weise am Berg verschwand. Dank eines gefundenen Audiotagebuchs und Filmaufnahmen aus der Zeit, bekommen Zuschauer:innen spannende und vielschichtige Einblicke in Wanda Rutkiewiczs Expeditionen und Gedankenwelt. „The Last Expedition“ kommt am 30. Januar 2025 in die Kinos. Die OutdoorWelten-Redaktion durfte den Film schon vorab sehen.

Eine Pionierin in der Männerwelt des Hochgebirges

Wanda Rutkiewicz © Risenandshine Cinema 

Wanda Rutkiewicz kam während ihres Ingenieurstudiums das erste Mal mit dem Klettern in Kontakt und wusste von diesem Moment an, den sie wie eine innere Explosion beschrieb, dass das Klettern ihr Leben prägen würde. Von einer unbändigen Leidenschaft getrieben, erklimmt sie als erste europäische Frau den Mount Everest 1978. Zuvor, 1973, hatte sie eine polnische Frauenseilschaft durch die Eiger-Nordwand geführt, was bis dahin noch keiner Alpinistin im Winter gelungen war. Danach folgten u. a. die Besteigung des K2 (8.611 m) und der Annapurna, einer der am seltensten bestiegenen Gipfel im Himalaya. Sie betrat die Männerwelt der Hochgebirge und brachte ihre Ordnung durcheinander. Dafür zahlte sie einen hohen Preis, denn in der Öffentlichkeit galten einzelne Gipfelbesteigungen der polnischen Bergsteigerin als umstritten. 

1991 war Wanda auf dem besten Weg als erste Frau alle 14 Achttausender der Welt zu besteigen.1992 jedoch verschwand sie am Kangchendzönga, dem mit 8.586 m dritthöchsten Berg der Erde, nach einer Nacht im Biwak. Ihre Leiche wurde nie gefunden. Während die einen überzeugt sind, Wanda sei verunglückt, glauben andere, sie lebe in einem buddhistischen Kloster. Denn in ihren Tagebüchern finden sich Hinweise auf eine große Sehnsucht nach innerem Frieden, einer tiefen Erschöpfung, nicht von den Anstrengungen am Berg, sondern von den endlosen Kämpfen um Respekt, in der Bergsteigergemeinschaft und der tiefen Trauer um ihren dritten Ehemann Kurt, der Liebe ihres Lebens.

„Wenn Wanda ein Berg ist, dann versucht Kubarska nicht,
sie zu erobern und zu entdecken.
Sie zeichnet sie, um ihr Geheimnis zu verstehen.“
VOGUE

Der Film

30 Jahre nach ihrem Verschwinden hat sich die polnische Filmemacherin Eliza Kubarska, selbst erfahrene Alpinistin, auf Spurensuche begeben. Sie ist u. a. nach Nepal gereist, hat dort nepalesische Yak-Hirten und Nonnen in einem tibetischen Kloster getroffen und in einem Archiv ein altes Audiotagebuch von Wanda gefunden. Mit einer Szene aus diesem spärlich beleuchteten Archiv und vergilbten Papieren und Karten beginnt der Dokumentarfilm und ein vielschichtiges Porträt der tiefgründigen und eigensinnigen Wanda Rutkiewicz.

Wanda und Kurt im Basecamp © RiseandShine Cinema

Wanda selbst ist in „The Last Expedition“ durch eine Fülle an Originalmaterial präsent, was den Film besonders sehenswert macht. Allein durch die zahlreichen alten wie neuen Videoaufnahmen aus dem Himalaya, teilweise von Wanda selbst gefilmt, kommen Bergfans auf ihre Kosten. Die Expeditionsszenen wechseln sich ab mit Interviews, die die Ausnahme-Bergsteigerin in Funk und Fernsehen gab und mit ihrer ruhigen und nachdenklichen Stimme aus dem Audiotagebuch. Die Erzählungen ihrer Schwester und ihrer Managerin vervollständigen das Bild. Auch ihr letzter Weggefährte, der mexikanische Bergsteiger Carlos Carsolio kommt zu Wort – eine bewegende Szene am Anfang des Films – und sogar einige von Wandas polnischen Bergsteiger-Konkurrenten. 

Filmposter "The Last Expedition" © RiseandShine Cinema

Fazit: Wir finden den Film in jedem Fall sehenswert! Allein schon aufgrund der vielen Originalaufnahmen von Himalaya-Expeditionen und vor allem, weil Wanda selbst so viel zu Wort kommt. Zusammen mit Szenen von der Spurensuche der Regisseurin und den Gesprächen mit Wandas Weggefährt:innen ist „The Last Expedition“ ein fesselnder Dokumentationsfilm. Das Rätsel um Wandas Verschwinden lässt eine bisweilen mysteriöse Stimmung aufkommen, die dem Film einerseits eine zusätzliche Note gibt, die es andererseits aber nicht zwingend gebraucht hätte, weil Wanda als lebende Bergsteigerin und Mensch so sehr beeindruckt und in ihren Bann zieht.

Spielzeit: 86 min
Infos zu den Spielzeiten und -orten auf Instagram sowie www.riseandshine-cinema.de

Zum Trailer 

Svenja Walter