Der Naumburger Dom ist wohl das bekannteste Wahrzeichen der Region Saale-Unstrut. Aber die Stadt Naumburg im Süden Sachsen-Anhalts ist auch der Treffpunkt zweier Flüsse: entlang der Ufer von Saale und Unstrut entdecke ich kulturhistorische Schätze an der "Straße der Romanik" und genieße sommerliche Tage auf dem Fahrrad und im Kajak. Die Weinregion Saale-Unstrut ist ein tolles Reiseziel für alle, die einen Campingurlaub mit aktiver Erholung und Kultur verbinden möchten.

Text und Fotos: Svenja Walter

 

Campingplatz von Outtour Aktivreisen in Kirchscheidungen

Inhalt
Paddelnd ins Herz der Weinregion Saale-Unstrut
Vom Wasser zum Wein – Freyburg und Rotkäppchen Sektkellerei

Auf dem Saaleradweg zum Welterbe
Von der Saale zum Salz – Bad Kösen
→ Zuhause bei Uta – Naumburger im Dom
→ Links und rechts der Saale – von Naumburg nach Bad Dürrenberg
→ Zaubersprüche aus vergangenen Zeiten – Merseburger Dom


Paddelnd ins Herz der Weinregion Saale-Unstrut

Ein letztes Mal den Rückwärtsgang einlegen, einen Meter zurück, dann stelle ich den Motor ab. Der Camper steht. Zufrieden steige ich aus, denn jetzt kann ich von meinem Bett aus durch die geöffneten Hecktüren aufs Wasser schauen. Schwer aber beständig fließt die Unstrut vorbei auf den letzten Kilometern nach Naumburg, wo sie in die Saale mündet. Das Rascheln der Pappeln ist das Lauteste, was ich am Abend höre und am Morgen ist der vom Wasser aufsteigende Nebel das Erste, was ich sehe.

Nur wenige Meter neben meinem Camper befindet sich die Einsatzstelle für Kanus und Kajaks, ein gelbes Kajak liegt schon für mich bereit. Ich bekomme eine kleine Karte und ein paar Informationen zu den Schleusen und wo ich zwischendurch anlegen und aussteigen kann, dann trägt mich der Fluss davon. Bis nach Naumburg sind es ca. 20 Kilometer, was an einem Tag gut zu schaffen ist. Weil ich mir aber auch hübsche Städtchen Freyburg anschauen will, steige ich nach 15 km aus und lasse das Kajak dort abholen. Doch erst einmal lasse ich mich treiben. Nirgendwo sonst geht das so gut wie auf dem Wasser.

Kurz vor Freyburg auf der Unstrut

Genauso wie die Stille mag ich das Geräusch der rhythmischen Paddelschläge und so paddle ich nach Lust und Laune und in meinem eigenen Tempo die Unstrut hinab. Zwei Mal erhebt sich ein Fischreiher vom Ufer und fliegt direkt vor mir über die Wasseroberfläche ehe er abdreht. Bis auf ein paar andere Ruderboote, habe ich den Fluss ganz für mich allein. Auch an den Schleusen bin ich die einzige, keine Wartezeit, kein Einzwängen zwischen Motorbooten und Schleusenmauer.

Vom Wasser zum Wein

Nach der Zeddenbacher Schleuse und der gleichnamigen Mühle, in der übrigens immer noch gemahlen wird, erreiche ich das Zentrum des Weinanbaugebiets Saale-Unstrut. Neben mir erhebt sich der Freyburger Schweigenberg, ein pittoresker Terrassenweinberg mit vielen hübschen Weinberghäuschen. So viele wie in Saale-Unstrut stehen in keiner anderen Weinregion Deutschlands, sagt das Deutsche Weininstitut. Noch dazu stammen sie aus verschiedenen Epochen, das Älteste geht zurück auf das Jahr 1550. Weil der Hang aus vielen kleinen Parzellen besteht und hier viele Winzer:innen tätig sind, stehen allein auf dem Schweigenberg 90 Weinberghäuschen. Die geschützten Südhänge und die kalkhaltigen Böden bieten ideale Bedingungen für den Weinanbau – ein toller Anblick vor allem vom Wasser aus.

Die Rotkäppchen Sektkellerei in Freyburg

Vor der Freyburger Schleuse verlasse ich das Wasser und folge den Spuren des Weins in die Stadt. Neben den Straußwirtschaften und Weingütern ist vor allem die Rotkäppchen Sektkellerei einen Besuch wert. Die neue Rotkäppchen Erlebniswelt ist eine moderne und sehr unterhaltsame Reise durch die Geschichte der traditionsreichen Sektmarke und führt direkt in die historischen Fabrikhallen und Kellergewölbe. Hier lagert auch ein alter Schatz der Sektmanufaktur, das 1896 gebaute und heute größte Cuvéefass Deutschlands mit einem Fassungsvermögen von 120.000 Litern und aufwendigen Schnitzereien verziert.

Nach einer kurzen Bahnfahrt zurück, bekomme ich auf dem Campingplatz ein Winzervesper mit Weinen vom Weingut Klaus Böhme serviert – ein gemütlicher sowie erfrischender Ausklang dieses tollen Tages auf der Unstrut.

→ Alles auf einem Fleck
Camping am Ufer der Unstrut, Übernachten im Tippi oder Schäferwagen, Kanuverleih inklusive Rücktransport und Winzervesper, all das bietet der idyllische Campingplatz von Outtour Aktivreisen in Kirchscheidungen. Auch mehrtägige Kajak- und Kanutouren sind auf der Unstrut möglich. www.outtour.de

Auf dem Saaleradweg zum Welterbe

Dort, wo die Unstrut in die Saale mündet, mache ich für zwei weitere Tage Station auf dem Campingplatz Blütengrund. Er liegt außerhalb von Naumburg im Grünen und der Nachbar ist praktischerweise der Kanu- und Fahrradverleih Saale-Unstrut-Tours. Mit einem geliehenen E-Bike fahre ich am nächsten Morgen zuerst zum Naumburger Bahnhof, ebenfalls am Stadtrand gelegen, und von dort mit der Bahn nach Camburg, um auf dem Saaleradweg zurück zu radeln.

Burgruine Saaleck

Insgesamt ist der Flussradweg 403 Kilometer lang, von der Quelle bei Zell im Fichtelgebirge bis zur Mündung in die Elbe bei Barby. Die erste Hälfte des Saaleradwegs zählt mit Blick auf die Höhenmeter zu den etwas anspruchsvolleren Flussradwegen, aber auch zu den abwechslungsreichsten. Die letzten flacheren 177 Kilometer verlaufen durch Sachsen-Anhalt.

Mein heutiges Ziel ist der Naumburger Dom, UNESCO-Weltkulturerbe und das sechste Etappenziel des Saaleradwegs. Aber bis dahin gibt es noch einiges zu entdecken, z. B. die Burgruine Saaleck und die Rudelsburg. Sie gehören wie der Naumburger Dom zu den Highlights an der "Straße der Romanik". Als Teil der Europäischen Kulturroute Transromanica verläuft die Ferienstraße auf mehr als 1.000 Kilometern durch Sachsen-Anhalt. Dabei verbindet sie 88 mittelalterliche Baudenkmäler miteinander und lockt seit 30 Jahren zahlreiche Besucher:innen aus dem In- und Ausland an. Die beiden Burgen stehen in direkter Nachbarschaft nebeneinander und sind jeweils über steile Schotterwege vom Saaleradweg aus zu erreichen.

Das Kunstgestänge überträgt die Wasserkraft von der Radinsel zum Soleschacht

Von der Saale zum Salz

Nach einem schattigen Radweg durch den Wald geht es hinab nach Bad Kösen. Am Ende der Loreleypromenade halte ich auf der Radinsel an. Der Name hat allerdings nichts mit Fahrrädern zu tun, sondern mit einem riesigen Wasserrad, verborgen in einem der Fachwerkhäuser. Die hier erzeugte Wasserkraft ist der benötigte Antrieb für die Solegewinnung. Seit dem 17. Jahrhundert wird in Bad Kösen Salz, das „weiße Gold“, zu Tage gefördert und hergestellt. Die historischen Salinenanlagen sind als technisches Denkmal in Europa einzigartig und noch immer in Betrieb.

Das 325 Meter lange Gradierwerk aus Holz gefüllt mit Reisigbündeln dient der Salzgewinnung aus Sole und ist ein beeindruckendes industrielles Bauwerk. Noch faszinierender aber ist das 108 Meter lange, sich langsam bewegende und leise quietschende Holzgestänge, das die Wasserkraft von der Radinsel zum Soleschacht überträgt. Das Kunstgestänge verläuft quer über dem Saaleradweg, es lohnt sich aber auf jeden Fall einmal abzusteigen und der Wasserkraft zum Soleschacht und Gradierwerk folgen.

Zuhause bei Uta

Von Bad Kösen aus geht es weiter vorbei am Landesweingut Kloster Pforta und den angrenzenden Weinhängen. Der Radweg führt nun um Naumburg herum, direkt am Campingplatz Blütengrund vorbei. Ich biege allerdings ab, um mir die Naumburger Altstadt und das UNESCO-Weltkulturerbe, den Naumburger Dom St. Peter und Paul, anzusehen.

Ansicht des Naumburger Doms vom Kreuzgang aus

Ich gebe zu, dass ich mit sakraler Kunst normalerweise nicht sehr viel anzufangen weiß. Das Gesicht von Uta, einer der zwölf Stifterfiguren im Westchor des verwinkelten Doms, die später zu einer Art Kultfigur wurde, hat es mir dann doch irgendwie angetan. Tatsächlich verkörpern die zwölf Skulpturen keine Heiligen, sondern weltliche Personen. Sie gehören zu den bedeutendsten deutschen Skulpturen des Mittelalters. Je mehr man über die Hintergründe dieser Figuren und ihrer Entstehung erfährt, entweder bei einer Führung oder mithilfe eines Audioguides, desto spannender und bisweilen geheimnisvoller wird es. So ist der Urheber der Figuren nicht einmal mit Namen, sondern nur als „Naumburger Meister“ bekannt. Wieder vor den Toren des Doms hole ich mir ein Softeis, schlendere noch ein bisschen durch die Altstadt und lasse all das Gesehene nachwirken.

→ Die Handmacher von Saale-Unstrut
Honig über den Dächern von Naumburg, die Eisfreunde auf der Bad Kösener Radinsel oder die Garagenweine der Winzerbar: Die Regionalmarke "Handgemacht" zeichnet sich durch qualitativ hochwertige, individuelle und mit Liebe gefertige Produkte aus. Das fühlt, sieht und schmeckt man! www.handgemacht-saale-unstrut.de

Als der Abend hereinbricht und die Luft sich abkühlt, lädt der Akku des E-Bikes neben meinem Camper, ich bin frisch geduscht und krame in meinem Camper alle Utensilien für die Outdoorküche zusammen. Während ich im Campingstuhl mein Abendessen löffle, schaut die Frau aus dem Van neben mir um die Ecke und wir kommen ins Gespräch, schauen neugierig in den Camper der jeweils anderen und tauschen Campingerfahrungen aus. Wirklich allein ist man als Alleinreisende doch nie.

Links und rechts der Saale

Auf dem Saaleradweg hinter Naumburg

Die ersten 10 Kilometer der siebten Etappe von Naumburg Richtung Weißenfels führen durch grüne Auenlandschaften mit einladenden Ausflugslokalen direkt am Saaleufer entlang. Dann wechselt die Szenerie alle paar hundert Meter: Mal schlängelt sich der Weg durch den Wald und über Holzbrücken, mal führt er vorbei an Streuobstwiesen, Feldern und kleinen Gärten. Auch die Weinberge lassen heute nicht lange auf sich warten.

Auf der anderen Flussseite thront Schloss Goseck. Das Sonnenobservatorium Goseck sollte man unbedingt noch einmal mit dem Camper ansteuern, genauso wie die Arche Nebra am Fundort der Himmelsscheibe von Nebra. Es sind zwei von insgesamt fünf bedeutsamen archäologischen Fundorten und musealen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt, die über die Himmelswege verbunden sind.

Im weiteren Verlauf wechselt der gut ausgeschilderte Radweg immer wieder die Flussseite. Nach 20 km mache ich in Weißenfels einen Zwischenstopp im Schloss Neu-Augustusburg. Die Stadt Weißenfels war einmal das Zentrum der Schuhindustrie in der DDR und so ist es nicht verwunderlich, dass das Schloss ein Schuhmuseum beherbergt. Neben historischen Maschinen sind hier sowohl „Promischuhe“ als auch eine völkerkundliche Sammlung von Schuhwerk aus aller Welt zu finden. Bereits aus dem Museum heraus kann man durch ein großes Fenster von oben in die barocke Schlosskirche St. Trinitatis schauen, so wie es die Herzöge früher taten.

→ "Salzkristall & Blütenzauber" – Landesgartenschau 2024
In 2024 lohnt sich ein Besuch in Saale-Unstrut noch einmal mehr: Während der Landesgartenschau vom 19. April bis 13. Oktober in Bad Dürrenberg erwacht der historische Kurpark der Solestadt Bad Dürrenberg zu neuem Leben. Paddlerinnen und Radfahrer können beim Kanuclub Bad Dürrenberg mit Blick auf den Saalehang und das Gradierwerk ihr Zelt aufschlagen. www.bad-duerrenberg.de

Zaubersprüche aus vergangenen Zeiten

Ankunft am Merseburger Dom

Nach 40 km beende ich meine Tagestour in Merseburg und tauche ein in die mystische Atmospähre des Merseburger Doms. Er gehört nach dem Naumburger Dom zu den herausragendsten Baudenkmälern an der Straße der Romanik in Sachsen-Anhalt. In ihm versammeln sich Zeugnisse aus über 1.000 Jahren Geschichte. Ein besonderer Schatz sind die sogenannten Merseburger Zaubersprüche aus dem 9.-10. Jahrhundert, die hier gefunden wurden. Die Handschriften der zwei Zauberformeln, eine zur Befreiung von Gefangenen, die andere zur Heilung von Fußverrenkungen, gehören zu den wenigen auf Althochdeutsch überlieferten Texten der vorchristlichen germanischen Mythologie. Ich bekomme sie sogar vorgetragen, in einer Ehrfurcht erweckenden Darbietung von Beate Tippelt, der Gästeführerin im Merseburger Dom. Wer weiß, wovon mich die Zaubersprüche befreit haben.

→ Auf dem OutdoorWelten Instagram-Kanal gibt es eine kleine Hörprobe in den Story-Highlights „Saale-Unstrut“.

Draußen in der Nachmittagssonne schwinge ich mich wieder auf den Sattel, rumpele ein paar Meter über das Kopfsteinpflaster und rolle zum Bahnhof hinunter. Mit dem Zug geht es zurück zu meinem Heim auf vier Rädern. Wer in die Region Saale-Unstrut kommt, sollte auf jeden Fall ein paar Tage mehr einplanen und gefasst sein auf viele freiwillige Zwischenstopps und spannende Entdeckungen am Wegesrand.

→ Mit dem Blauen Band auf Kurs
In Sachsen-Anhalt gibt es zahlreiche Wasserwege per Paddel und Pedal zu erkunden. Von Saale-Unstrut mit Burgen und Weinbergen über die quirlige Bode im Nordharz bis hin zur Elbe, der letzten intakten Stromlandschaft Mitteleuropaswww.blauesband.de

Alle weiteren Infos auf www.saale-unstrut-tourismus.de 
und www.sachsen-anhalt-tourismus.de

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