Die Samaria-Schlucht im Südwesten von Kreta gehört mit 17 km zu den längsten Schluchten in Europa. Die Wanderung ist bei Urlaubsgästen sehr beliebt, aber auch herausfordernd. Redakteurin Svenja stellt drei kurzweiligere Schluchtenwanderungen im Osten der Insel vor, die nicht weniger beeindrucken.

Während die Nordküste von Griechenlands größter Insel etwas dichter besiedelt ist, durchziehen zahlreiche Canyons die gesamte Südküste Kretas. Manche von ihnen wie die Samaria-Schlucht reichen bis ans Lybische Meer, sodass das eine oder andere pittoreske Fischerdorf kaum über den Landweg zu erreichen ist. Aber auch im Osten von Kreta, in der weniger von Touristen besuchten Region Lasithi, gibt es viele Schluchten, die sich für eine kurzweilige Wanderung anbieten.

Wasser führen nur wenige von ihnen und die ausgetrockneten Flussbetten ermöglichen eine Wanderung zwischen hoch aufragenden Felswänden und mit meist relativ wenig Steigung, was auf Kreta ansonsten selten ist. Mit einem frühen Start hat man die atemberaubende Natur ganz für sich allein und wer mit dem Weg durch die Schlucht anfängt, hat die Möglichkeit, den gleichen Weg durch die Schlucht wieder zurückzugehen. 

Wandern im Sommer auf Kreta?

Die besten Jahreszeiten zum Wandern auf Kreta sind der Frühling, März bis Mai, sowie der Herbst und Anfang des Winters. Auf Kreta sind die Wasser- und Lufttemperatur bis in den November hinein teilweise sommerlich warm. In den Sommermonaten von Juni bis August oder September sind mehrtägige Hitzewellen mit bis zu 40 °C oder mehr keine Seltenheit mehr. Generell sollte man die Mittagszeit unbedingt lieber bei einer Siesta im Schatten verbringen.

Ausgewaschene Felsen in der Kritsa Schlucht

Aufgrund ihrer Kürze sind die drei hier vorgestellten Wanderungen auch früh morgens an heißen Sommertagen möglich. Die Wege durch die Schluchten sind jeweils 3 bis 4 km lang. Hinzu kommt der ebenso lange oder etwas längere Rückweg oben an der Schlucht entlang. Ich bin zum Beispiel um sieben Uhr morgens losgegangen und war somit um zehn oder elf Uhr, passend zu einem zweiten Frühstück, wieder zurück am Ausgangspunkt. Sonnenschutz, Wasser und Snacks für einen Energieschub zwischendurch sind trotzdem essenziell. Auch um sieben Uhr morgens zeigt das Thermometer schon knapp 30 °C an. Die Schluchten sind aber immerhin größtenteils schattig.

Achtung im Winter: Je nach Stärke der Regenfälle, können die Schluchten im Winter etwas mehr Wasser führen, dann ist eine Wanderung nicht immer möglich oder zu empfehlen.

 

Kritsa Schlucht

Morgenlicht in der Kritsa Schlucht
Kurze Seilpassage über glatte Steine

Das Dorf Kritsa liegt nur 9 km von Agios Nikolaos, einem beliebten Urlaubsort an der Nordküste Kretas, entfernt. Die insgesamt 6,6 km lange Tour startet direkt mit den attraktivsten und spektakulärsten Stellen der Schlucht.

Die Felswände sind insgesamt nicht so hoch aufragend wie in anderen Schluchten, dafür ist der Durchgang schmaler und beeindruckt mit glatt geschliffenen und hübsch anzusehenden Felsblöcken. Über einige von ihnen muss etwas gekraxelt werden. Zwei Passagen sind zudem mit eisernen Tritthilfen versehen, eine andere Stelle mit einem Seil und genau das macht diese Wanderung so spannend. Nach einigen verwinkelten Felsspalten wird das kieselige Flussbrett breiter und windet sich kurvenreich zwischen Olivenbäumen hindurch.

Der minoische Pfad mit Blick auf Kritsa

Nach knapp 4 km verlassen wir die Schlucht nach rechts und gehen nun auf einem schmalen Pfad zurück zum Ausgangspunkt. Bei dieser Tour ist auch der Rückweg außerhalb der Schlucht interessant. Er führt über rotbraune Erde und durch eine steinige wüstenähnliche Ebene mit bizarr gewachsenen Sträuchern leicht bergab. Nach einem kurzen Stück über eine Schotterstraße, geht die Wanderung zum Schluss auf einen alten minoischen Pfad über, der uns bis zum Parkplatz bringt.

Es gibt die Möglichkeit, den Weg schon nach der Hälfte der Schlucht abzukürzen, falls es doch zu heiß wird. Dazu verlässt man das Flussbett nach rechts, steigt durch den Wald auf und gelangt direkt auf den minoischen Pfad, der zurück zum Ausgangspunkt führt.

Tipp: Fünf Minuten Autofahrt vom Eingang der Schlucht entfernt, gibt es in Kritsa erfrischende Getränke in einem der Kafenions sowie außergewöhnliche Souvenirläden mit viel Kunsthandwerk, man kann z. B. eine alte Webstube besuchen und ein Andenken direkt von den Weberinnen kaufen.

Die Schlucht der Toten

Die Zakros Schlucht ist besser bekannt als die Schlucht der Toten. Der Name geht zurück auf die minoischen Grabhöhlen in den Steilwänden, in denen die Minoer bereits im 3. Jh. v. Chr. Tote bestatteten. Die minoische Kultur gilt als die früheste Hochkultur Europas. Von Zakros führt die Schlucht bis in das kleine Dorf Kato Zakros am Meer. Für diese Wanderung empfehlen sich zwei verschiedene Startpunkte. Beide Varianten sind 6,8 km lang und bieten einen Parkplatz am jeweiligen Startpunkt.

Eingang bei Kato Zakros am Meer
Minoische Grabhöhlen hoch oben im Fels

Variante 1 beginnt am oberen Eingang B der Schlucht: Entweder zuerst hinab in die Schlucht Richtung Meer wandern und über die Alte Zakrosstraße zum Eingang B zurück aufsteigen oder umgekehrt, zuerst auf der Alten Zakrosstraße hinunter ans Meer wandern und dann durch die Schlucht nach oben zum Eingang B. 

Variante 2 beginnt unten in Kato Zakros am Meer: Entweder zuerst durch die Schlucht aufsteigen zum Eingang B und über die Alte Zakrosstraße zurück zum Meer hinunter oder zuerst die Alte Zakrosstraße hinaufwandern und dann am Eingang B hinab in die Schlucht und Richtung Meer zurückwandern.

Der spektakulärste Abschnitt der Schlucht ist der nahe Kato Zakros, aber auch auf der Alten Zakrosstraße gibt es einen Aussichtspunkt auf die Schlucht hinab. Ich habe in Kato Zakros direkt mit dem Weg durch die Schlucht angefangen, Variante 2. Da die Schlucht nach Osten hin geöffnet ist, schien mir die Morgensonne von hinten auf den Rücken und ich musste nicht die ganze Zeit hineinsehen. In ihrem Licht leuchten die senkrechten und imposanten Felswände orange auf. Es lohnt sich immer wieder mal einen Blick zurück über die Schulter zu werfen. Links wie rechts sind mehrere Höhlen oben im Fels zu erkennen. Der Weg führt gesäumt von Oleandern und anderen Sträuchern meist als schmaler sandiger Pfad wenige Meter neben dem Kiesbett des ehemaligen Flusses entlang und ist gleichzeitig Teil des Europäischen Fernwanderweges E4.

Blick von der Alten Zakrosstraße auf die Schlucht

Der Ausstieg aus der Schlucht befindet sich nach 2,3 km auf der linken Seite. (Wer weitergehen möchte, kann dem Flussbett weiter folgen und steigt dann zum Eingang A  aus der Schlucht aus.) Über einen serpentinenartigen Trampelpfad geht es den Hang hinauf – der einzige steile Abschnitt der Tour – und dann ein kurzes Stück über Schotter zum Eingang B. Hier gibt es einen überdachten Picknicktisch für eine Pause. (Wer Variante 1 wählt und am Eingang B startet, findet vor dem unteren Ende der Schlucht Bänke für eine Pause unter einer Platane.)

Die Alte Zakrosstraße ist ein Schotterweg durch eine karge, nur mit niedrigen Sträuchern bewachsene Landschaft. Hier gibt es keinen Schatten und man bekommt den kräftigen Wind auf der Insel besonders stark zu spüren. Nach der Stille der Schlucht kann aber auch das eine interessante Abwechslung sein. Auf halber Strecke befindet sich eine überdachte Bank als Aussichtspunkt mit Blick in die Schlucht. Bald darauf geht es an den ersten hübschen Ferienapartments am Hang entlang und bis hinunter zum Parkplatz und unteren Eingang der Schlucht.

Tipp: Ein zweites Frühstück in einer der Tavernen am Strand von Kato Zakros. 

Richti Schlucht

Die Richti Schlucht beginnt in der Nähe von Exo Mouliana nahe Sitia an der Nordküste Kretas und führt auf 5 km bis zum Meer. Das Besondere an dieser Wanderung ist, dass das Flussbett von üppiger dschungelartiger Vegetation bestehend u.a. aus knorrigen Platanen, riesigen Feigenbäumen und Oleandern sowie rankenden Pflanzen bewachsen ist. Mittendrin sorgt tatsächlich ein Wasserfall für Erfrischung.

Dschungelartige Vegetation und Oleanderblüte
Im Sommer schrumpft der Wasserfall

Wer gerne etwas klettert und kraxelt, kommt hier auf seine Kosten: Nach einem 1,5 km langen asphaltierten Zuweg geht es in der schmalen Schlucht immer wieder über große Steine und Felsen sowie wurzelige Pfade, Rampen, Treppen und kurze Stege, die die Schlucht überhaupt erst passierbar machen. (Insofern ist auch das Eintrittsgeld von drei Euro für das Management des Weges gerechtfertigt.) Nach knapp vier Kilometern, kurz vor dem Wasserfall, bietet sich ein Ausblick von oben auf den dicht bewachsenen Canyon, bevor es auf sich windenden Treppen hinab zum Wasserfall geht.

Ein paar hundert Meter weiter wird die Schlucht breiter, bis am Ende die Richti Bucht erreicht ist. Auch wenn sie sich aufgrund vieler großer Steine und häufig starkem Wellengang nicht besonders gut zum Baden eignet, ist das Meeresrauschen und der großzügige Picknickplatz mit Frischwasser ein toller Zielpunkt – wäre da nicht der Rückweg.

Wie bei den anderen Schluchtenwanderungen gibt es vor dem Ausgang aus der Schlucht die Möglichkeit, denselben Weg durch das Flussbett zurückzugehen, was ich in diesem Fall nahelegen würde, denn der 6 km lange Rückweg außerhalb der Schlucht ist, wie im GPX-Track zu sehen, vor allem am Anfang sehr steil, im weiteren Verlauf recht zäh und führt ohne Schatten durch Olivenhaine zurück nach Exo Mouliana. Der Rückweg ist vielleicht der einzige Minuspunkt der Wanderung, die als Georoute 17 sehr gut ausgeschildert ist.

Hinweis: Auch wenn das Flussbett komplett im Schatten liegt, kann es recht schwül sein und es empfiehlt sich wie auch bei den anderen Wanderungen früh morgens loszugehen. Außerdem ist die Schlucht tagsüber sehr gut besucht. Parken ist sowohl am Eingang oben direkt an der Hauptstraße möglich als auch unten am Ausgang. Die Straße hinunter ist jedoch sehr schmal und nicht Jedermanns Sache.

Zusätzlicher Tipp: Kourtaliotiko-Schlucht in der Region Rethymno

Kapelle in der Kourtaliotiko-Schlucht

Die Kourtaliotiko-Schlucht mit ihren beeindruckend hohen Steilwänden verläuft in Kretas Süden zwischen den Orten Koxare und Asomatos, die mit einer Straße mitten durch die Schlucht verbunden sind. Das heißt man kann mit dem Auto durch die 3 km lange Schlucht fahren und an zwei Parkplätzen aussteigen, um weiter hinunter zu den Wasserfällen zu wandern. Den Grund der Schlucht bildet das Flussbett des Megalopotamos oder auch Kourtaliotis, einem der zehn bis zum Meer immer wasserführenden Flüsse auf Kreta.

 

Svenja Walter