Kurt Nairz ist seit 49 Jahren Mitglied der Tiroler Bergrettung, seit sechs Jahren Landesleiter. Seine Erfahrung ist Gold wert, aber auch er lernt jedes Jahr dazu. »Es gibt Dinge, die ändern sich nie. Die Gruppendynamik ist nach wie vor ein Grundübel: Einer hat eine dumme Idee, der Rest findet es interessant, und eine lenkende Führungsper- sönlichkeit ist nicht da oder setzt sich nicht durch. Unbekanntes Gelände, schlechtes Timing, falsche Einschätzung des Wetters – es gibt sehr viele Risikofaktoren auf Skitouren, denen mit Fachkompetenz und mit viel Erfahrung begegnet werden muss«, sagt Nairz. So o enkundig kapitale Fehler sind, so unausrottbar scheinen sie. »Alleingänger sind im Sommer gefährdet und spielen mit dem Risiko, im Winter erst recht. Wer soll sie suchen? Wenn dann auch noch das LVS- Gerät im Rucksack steckt und nicht eingeschaltet ist, werden die Überlebenschancen im Zweifelsfall ganz gering. Mangelhafte Ausrüstung ist immer noch ein Thema.«

Relativ jung ist die Leistungsexplosion bei den Freeridern. »Die bereiten sich oft wochenlang vor, manche checken Steilwände vorher sogar per Heli aus. Die sind bestens gerüstet mit ABS-Rucksack, haben eine Top- kondition und sind überragende Skifahrer. Das Problem sind dann die Nachahmer«, erklärt Nairz und empfiehlt: »Wer mit dem Tourengehen anfängt, sollte sich ein bis zwei Tage von einem Bergführer gezielt ausbilden lassen, vor allem in Sachen Tourenplanung, Naturbeobachtung und Wetterkunde. Oberstes Gebot: komplette Ausrüstung. Bitte: Vor jeder Tour den Hüttenwirt, Freunde oder Angehörige über Ausgangspunkt und Ziel informieren. Denn: Wir wissen oft nicht, wo wir suchen sollen.«

 

INTERVIEW MIT PETER VEIDER, Geschäftsführer der Tiroler Bergrettung 

OutdoorWelten: Wie begegnet die Tiroler Bergrettung der rasanten Entwicklung im Wintersport abseits der Pisten?

Peter Veider: Durch gute Öffentlichkeitsarbeit und moderne Kommunikationstechnik. Auf Pisten tragen inzwischen die meisten einen Skihelm. Abseits der Piste ist er ebenso wichtig, besonders in schneearmen Wintern, wenn Steine aus dem Gelände ragen. Der Fall Schumacher hat sicherlich zur Sensibilisierung beigetragen. Überraschenderweise sieht man mehr junge Tourengeher mit Helm und guter Ausrüstung. Die »alten Hasen« meinen wohl oft, dass sie das nicht nötig haben. 

OutdoorWelten: Das Handy mit vollem Akku wird auch immer wichtiger?

Genau! Vorzugsweise ein Smartphone, damit der Tourengeher die App »Notfall- App der Tiroler Bergrettung« herunterladen kann. Eine Berührung – und die GPS-Koordinaten des Verunfallten landen in unserer Einsatzleitstelle. Das hat sich bewährt und wird jetzt auch in
Südtirol und Trentino geprüft.