Text von Ralf Stefan Beppler

Wo der Trail anfängt, ist schwer zu sagen. Dafür ist Trailrunning in seiner Definition und Reichweite offen: Orientierungsläufe, Bergläufe, Ultra-Trails, Adventure Races. Trailrunning ist mehr Abenteuer, mehr Unerwartetes, mehr Selbstverantwortung, mehr Adrenalin, mehr Freiheit und unendliche Glücksgefühle. Der amerikanische Ultraläufer Dean Karnazes hat es in seinem Buch „Ultra Marathon Man“ so beschrieben: Im College gab es die Track- Laufer und die Trailläufer. Die einen sind mit der Uhr losgelaufen und haben jede Minute auf die Uhr geschaut und die Herzfrequenz kontrolliert, die anderen sind nach Gefühl gelaufen und haben auf ihren Körper gehört. Zwischen den beiden Gruppen gab es keine Verbindung.

Ich bin Trailrunner. Vor einigen Jahren habe ich für ein Laufmagazin mit dem örtlichen Lauftreff – mit Leuten, mit denen ich sonst nie gelaufen bin – einen Laufschuhtest gemacht. Treffen am Waldparkplatz, Smalltalk, Uhren auf null stellen und loslegen – und das in einem Affenzahn. Es musste ja ein bestimmter Kilometerschnitt eingehalten werden. Nach 30 bis 35 Minuten waren wir zurück am Parkplatz und die Leute sind heim zum Duschen. Als ich danach noch mit einem Bekannten aus dem Lauftreff dastand, fragte dieser: „Und was machst Du jetzt?“ Darauf antwortete ich: „Ich gehe jetzt noch ein, eineinhalb Stündchen ins Gelände laufen, ich muss mich erholen.“ Das Unverständnis war wechselseitig.

Richtig ausgerüstet auf dem Trail

Wenn Fußballer einen Waldlauf machen, ist das dann schon Trailrunning? Eher noch nicht. Die Wege sind geebnet und breit und der Lauf meistens ein lockeres Traben. Doch auch beim Waldlauf merkt man, dass die normalen Laufschuhe schneller rutschen und jedes Steinchen durch die Sohle drückt. Deshalb gibt‘s Trailschuhe. Beim Schuh fängt es an, aber die Trails verlangen mehr Ausrüstung, andere Bekleidung, mehr Schutz als ein Stadtmarathon.

• Der Trailschuh

Asphalt ist nicht nur hart, sondern das Laufen darauf ist auch ermüdend. Straßenlaufschuhe stellen deshalb besondere Ansprüche, eine Laufbandanalyse ist sinnvoll: Man unterscheidet nach Pronierer, Subpronierer, Dämpfungsschuh. Diese Kategorien gibt es beim Trailschuh nicht. Das Gelände ist zu variabel, als dass es erlaubt, Schuhe gezielt auf einzelne Faktoren wie Gewicht, Führungsstabilität oder Dämpfung zu trimmen. Auch ist der Fußauftritt nicht regelmäßig genug, um bestimmte Knicksituationen vorwegzunehmen. Trailschuhe sind deshalb Allrounder. Im wechselhaften Gelände ist Stabilität und Trittsicherheit gefragt. Wer ganz wild ins Gelände geht, wie die Cross- Läufer, der „taped“ zusätzlich seine Fußgelenke, um sie gegen Verletzungen zu schützen.

Der Ultra-Trail du Mont-Blanc (UTMB) 
hat Trailrunning in Deutschland nach vorne gebracht
© Ralf Stefan Beppler

Der wichtigste Unterschied zu Straßenlaufschuhen ist die Sohle, das Profil ist viel ausgeprägter. Dennoch muss der Trailschuh die Flex-Bewegung des Fußes für ein normales Abrollverhalten mitmachen. Gut auch, wenn die Auflagefläche des Schuhs breiter wird, damit die Trittsicherheit erhöht ist. Und zum Schluss ist es sicherer, wenn der Fuß tief im Schuh sitzt und man Bodenkontakt halten kann. Dicke Dämpfungen, viel Material zwischen Fuß und Untergrund kommen beim Trailschuh nicht gut an. Die Gefahr im Gelände umzuknicken ist zu groß.

Der Schutz des Fußes geht aber noch weiter. Im Gelände stößt man gegen Steine, kratzt an Ästen entlang und kommt mit Gestrüpp in Berührung. Da muss das Obermaterial schon einiges aushalten können. Weiches Mesh ist schnell kaputt. Gut ist es, wenn der Schuh eine gummierte Zehenkappe oder gar einen Gummirand hat. Beim Thema Nässe gehen die Meinungen auseinander. Wasserdichte Schuhe halten das Wasser ab. Wenn es aber von oben in den Schuh hineinläuft, trocknet er kaum noch. Vor allem „Vielläufer“ und „Trail-Profis“ bevorzugen luftige Schuhe, weil sie schneller trocknen, den Fuß besser atmen lassen und ihn so vor Blasen schützen.

Basis- und Notfallausrüstung

Laufkappe oder anderer Kopfschutz, Handschuhe und für die Augen eine Brille gehören zur Pflichtausrüstung eines Trailläufers. Ebenso gehört ein Erste Hilfe-Set in den Laufrucksack. Wer daran spart, handelt fahrlässig. Und: Es muss schnell zur Hand sein. Asthmatiker und Allergiker sollten ihre Medizin nicht vergessen! Blasenpflaster, Creme gegen Wundreiben und eine Rettungsdecke sollten auch dabei sein.

• Laufen mit Rucksack

Das typische Kennzeichen der Trailläufer: Der Rucksack mit Trinksystem. Ultra-Trails verlangen ihn und auch längere Trainingsstrecken sollte man mit Rucksack angehen – zur Gewöhnung und für die bessere Flüssigkeitsversorgung. Das dankt der Körper durch längere Leistungsbereitschaft, schnellere Regeneration und mehr Wohlbefinden. Übrigens ist das auch der Grund, weshalb Trailläufer nach einem 100 km-Ultra häufig wieder schneller im Training sind als Straßenläufer nach einem Marathon: Wer weniger Raubbau am Körper betreibt und ihn unterwegs mit ausreichend Flüssigkeit und Nahrung versorgt, ist schneller wieder fit.

Der Rucksack sollte möglichst leicht sein. Unter 850 Gramm bei 30 Liter Volumen sind möglich. Meistens reicht ein Volumen zwischen 10 bis 18 Litern und etwa 500 Gramm Gewicht. Eine Trinkblase von zwei Litern muss noch hinein. Sie ist separat erhältlich oder bereits im Laufrucksack integriert. Wichtig beim Laufruckrucksack: der Brustgurt. Mit ihm hat man mehr Kontrolle über den Rucksack. Und noch besser: eine zusätzliche Lagenverstellung an der Schulter. Täschchen am Bauchgurt und Netzfächer nehmen schnell zugängliche Ausrüstung wie Gels, Riegel, Smartphone oder Kompass auf. Einen regelrechten Boom haben Laufwesten erfahren. Sie verbinden eine Weste mit Packmöglichkeiten bis hin zum kleinen, integrierten Rucksack.

• Schutzbekleidung

Einen Marathon kann man schon mal ohne Jacke im Regen laufen. Bei einem Ultra oder Berglauf ist das ein absolutes No-Go. Die wasserdichte Jacke (Hardshell) ist bei allen Bergläufen aus Sicherheitsgründen Pflicht. Ein Gewicht um die 300 Gramm für ein Modell mit Kapuze sowie Unterarm- Belüftung ist zurzeit Standard. Es geht aber auch leichter – wenn man bereit ist, tiefer in die Tasche zu greifen für eine reine „Laufregenjacke“.

Ob Wald, Wüste oder Gebirge, Trailrunning ist ein echtes Outdoor Abenteuer
© Ralf Stefan Beppler

Ultras finden meist im Gebirge statt und gehen durch mindestens eine Nacht. Da ist eine wärmende Schicht ebenso Pflicht. Ein gutes, elastisches und schnell trocknendes Fleece wiegt um die 250 Gramm. Wichtig dabei: Nicht alle Fleecematerialien haben ein Feuchtigkeitsmanagement und ziehen Nässe von innen heraus. Prima auch für Trailrunner: Merino-Shirts. Sie wärmen, auch wenn sie feucht sind.

Auf Trails werden Tights getragen. Sie schützen die Muskulatur bei Wind, Nässe und Kälte. Ob Lang-Tights, Capris oder kurze Tights, ist eine Frage des Wetters und auch des persönlichen Geschmacks. Wasserdichte Überhosen sind häufig nicht sehr lauftauglich. Die Softshell Tights ist bei Regen erste Wahl. Als Alternative kommt eine Übershorts oder ein Überskirt mit Kunstfaser- Vliesfüllung in Frage. Sie wärmt auch, wenn es unangenehm nass wird.

• Trailrunning-Stöcke

Bei Läufen mit etlichen tausend Höhenmetern in beide Richtungen sind Stöcke extrem sinnvoll. Sie sind Antrieb bergauf und Abfederung bergab. Anfänglich gab es nur die teleskopierbaren Trekkingstöcke. Die waren noch zu schwer und zu groß, wenn man sie nicht gebraucht hat. Faltstöcke eignen sich für Trailrunner, weil man sie im Rucksack verstauen kann. Neuerdings warten die Stockhersteller sogar mit speziellen Trailrunning-Stöcken auf: leichtes Karbon, eine Sportschlaufe, griffige Spitzen und kleines Packmaß.

Wie beim Rucksack gilt auch hier: Man muss mit Stöcken trainieren, um sich an sie zu gewöhnen und zu lernen, wie man mit ihnen auch lange Strecken läuft.

Laufen im Dunkeln

Nachts einen Trail zu laufen, ist ein besonderes Erlebnis. Doch dafür braucht man die passende Beleuchtung. Für Nachtläufe ist eine Stirnlampe Pflicht. Sie sitzt fest und ruhig am Kopf und leuchtet die Strecke zuverlässig aus. Stablampen in der Hand sind dagegen unruhig und unzuverlässig. Moderne Stirnlampen haben Mehrfach-LEDs und bringen locker 300 Lumen und mehr auf den Trail, bei denen man sicher sehen und laufen kann. Da der Teufel im Detail steckt, ist es sinnvoll, frische Batterien als Ersatz dabeizuhaben – oder eine Ersatzlampe. So schön USB-ladbare Lampen sind, unterwegs findet man weder einen Ladeplatz, noch hat man Zeit, um sie neu zu laden.

 

Dieser Beitrag erschien in der OutdoorWelten Sommerausgabe 2022.
Diese und weitere Ausgaben sind im Shop auf wandermagazin.de erhältlich. 

 


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